Pierre Audi, international renommierter Regisseur und Theaterintendant, ist am 3. Mai 2025 im Alter von 67 Jahren in Peking überraschend verstorben.
English summary: Pierre Audi, acclaimed French-Lebanese director and opera visionary, died unexpectedly on May 3, 2025, in Beijing at age 67. Born in Beirut in 1957, he transformed European music theatre, led major institutions like Dutch National Opera and Aix-en-Provence Festival, and inspired generations worldwide.
Der in Beirut geborene Franzose mit libanesischen Wurzeln prägte über Jahrzehnte die europäische Opern- und Theaterlandschaft und galt als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Musiktheaters seiner Generation.
Pierre Audi wurde 1957 in Beirut geboren und wuchs in einer kosmopolitischen Familie auf. Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Libanon zog er nach Paris und später nach England, wo er am Exeter College in Oxford studierte. Bereits früh zeigte sich seine Leidenschaft für das Theater. 1979 gründete er das Almeida Theatre in London, das er zu einer der spannendsten Bühnen für zeitgenössisches Theater entwickelte. Unter seiner Leitung wurden zahlreiche Uraufführungen und innovative Inszenierungen realisiert, die das Profil des Hauses schärften.
Zum persönlichen Nachruf von Heribert Germeshausen
1988 übernahm Audi die künstlerische Leitung der Niederländischen Nationaloper in Amsterdam. In den drei Jahrzehnten seiner Intendanz verwandelte er das Haus in eine der führenden Opernbühnen Europas. Besonders hervorzuheben ist seine Inszenierung von Richard Wagners Ring des Nibelungen, die als erste vollständige Aufführung des Zyklus in den Niederlanden Musikgeschichte schrieb. Audi setzte sich stets für die Verbindung von Tradition und Innovation ein, brachte zahlreiche Uraufführungen zeitgenössischer Komponisten auf die Bühne und förderte junge Talente. Unter seiner Ägide wurde die Niederländische Nationaloper mehrfach als Opernhaus des Jahres ausgezeichnet.
Wegweisender Regisseur
Audi realisierte zudem einen vielbeachteten Monteverdi-Zyklus in Amsterdam und brachte zahlreiche Werke des Barock, etwa von Händel und Landi, auf die Bühne. Er inszenierte Uraufführungen zeitgenössischer Komponisten wie Hans Werner Henze, Wolfgang Rihm, Louis Andriessen und Kaija Saariaho. Internationale Aufmerksamkeit erlangten auch seine Produktionen an der Metropolitan Opera New York (Guillaume Tell), der Bayerischen Staatsoper (Parsifal) und der Wiener Staatsoper (Rigoletto). Zuletzt sorgte Audi mit der spektakulären Umsetzung von Stockhausens Aus Licht in Amsterdam und der Weltpremiere von Kurtágs Fin de Partie an der Mailänder Scala für Aufsehen.
Der Beruf des Regisseurs war für Pierre Audi weit mehr als das bloße Anleiten von Sängern und Schauspielern. »Ein Regisseur muss Brücken bauen – zwischen Text, Musik und Bühne, aber auch zwischen Künstlern und Publikum«, sagte Audi einmal. Für ihn war die Arbeit am Theater ein kreativer Prozess, der Offenheit und Neugier verlangt: »Man muss bereit sein, sich immer wieder überraschen zu lassen, von der Musik, vom Raum, von den Menschen.« Die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern und Komponisten sah Audi als zentrale Aufgabe: »Jede Inszenierung ist ein Dialog. Es geht darum, gemeinsam eine neue Welt zu erschaffen, die das Publikum berührt und zum Nachdenken bringt.« Dabei betonte er die Verantwortung des Regisseurs: »Wir müssen Geschichten so erzählen, dass sie heute relevant sind.« Audi verstand den Beruf als ständige Suche: »Regie ist für mich die Kunst, Fragen zu stellen – und nicht immer Antworten zu geben.«
Auch als Leiter des Holland Festivals von 2005 bis 2014 prägte Audi das internationale Festivalgeschehen. Er öffnete das Festival für neue künstlerische Strömungen, experimentelle Formen und interdisziplinäre Projekte. 2018 übernahm er die Leitung des renommierten Festival d’Aix-en-Provence in Südfrankreich und setzte dort seine Arbeit für ein weltoffenes, modernes Musiktheater fort.
Unter seiner Intendanz setzte er auf ein anspruchsvolles Programm mit Werken von Monteverdi, Wagner, Verdi bis hin zu zeitgenössischen Komponisten wie Kaija Saariaho. Audi engagierte international renommierte Künstler und Regisseure, förderte gesellschaftspolitische Themen und öffnete das Festival für neue künstlerische Strömungen.
Kosmopolit und Grenzgänger
Für sein künstlerisches Wirken wurde Pierre Audi vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Orden des Niederländischen Löwen, dem französischen Officier des Arts et des Lettres und dem renommierten Johannes-Vermeer-Preis. Er war Mitglied zahlreicher Jurys und Gremien und setzte sich zeitlebens für die Förderung des künstlerischen Nachwuchses ein.
Pierre Audi galt als Kosmopolit und künstlerischer Grenzgänger, der mit Innovationsgeist, Leidenschaft und Weitblick das internationale Musiktheater prägte. Sein Tod hinterlässt eine große Lücke in der Welt der Oper und des Theaters. Audi starb überraschend an einem Herzinfarkt.