Das Orchester in Bremerhaven wehrt sich gegen eine Beschneidung der GMD-Kompetenzen, und unisono kritisiert den Auswahlprozess scharf.
In Bremerhaven geht der Streit zwischen Orchester und Intendanz in eine neue Runde. Der Kulturdezernent Michael Frost hatte zu einem Gespräch über die aktuellen Probleme geladen, das aber offensichtlich eskalierte. Das Orchester in Bremerhaven wehrt sich seit einiger Zeit dagegen, dass der neue GMD weniger Befugnisse in der Führungsebene des Theaters haben soll und kritisiert den Umgang des Intendanten Lars Tietje mit dem Orchester (BackstageClassical hat berichtet).
Als der Orchestervorstand nun eine gewählte Sprecherin des Orchesters mit zum Gespräch nahm, musste diese nach 45 Minuten die Besprechung auf Bitte des Kulturdezernenten verlassen. Dem Orchester wurde zudem vorgeworfen, das Image des Hauses »in den Schmutz zu ziehen«, indem es seine Positionen öffentlich äußert.
Kritik gibt es auch am Auswahlverfahren für den neuen Generalmusikdirektor. Das ruft nun auch die Musiker-Vereinigung unisono auf den Plan. Sie zeigt sich besorgt über die Situation in Bremerhaven: Auf Betreiben von Intendant Lars Tietje sei der Generalmusikdirektor zukünftig nicht als Mitglied der Theaterleitung, sondern nur noch untergeordnet tätig, heißt es in einer Presse-Erklärung. »Die unprofessionelle Art und Weise der Suche nach einem neuen GMD vergrößert die Sorgen um die zukünftige Positionierung des Orchesters.«
unisono-Geschäftsführer Gerald Mertens kritisiert auch die Suche nach einem neuen GMD: »Als Musikerverband haben wir in der Vergangenheit schon einiges erlebt bei der Suche nach musikalischen Leitungen für Orchester. Was jedoch gerade in Bremerhaven passiert, schlägt dem Fass den Boden aus. Ab Samstag dieser Woche sind sechs Vordirigate mit dem Orchester angesetzt. Statt der üblichen 50 bis 60 Minuten dürfen die GMD-Kandidaten gerade mal 20 Minuten vor dem Orchester stehen, welches dann umgehend eine Entscheidung über die künstlerische Eignung treffen soll. Für die Vorstellungsgespräche sind nur jeweils 15 Minuten angesetzt. Außerdem ist das Orchester in der erweiterten 13-köpfigen Findungskommission nur mit einem Vertreter und dann auch ohne Stimmrecht vertreten. In der stimmberechtigten, vierköpfigen Findungskommission aus Personalamtsleiterin, Kulturdezernent, Verwaltungsdirektorin und Intendant sitzt nicht ein einziger Musiker. Das ist alles eine Farce.«