Markus Hinterhäuser wurde bis 2031 als Intendant der Salzburger Festspiele verlängert. Das ist ein wenig langweilig und der politischen Unlust an Abenteuer zu verdanken. Ein Kommentar.
Eine Überraschung ist es nicht: Markus Hinterhäuser bleibt Intendant der Salzburger Festspiele. Verwundern tut diese Entscheidung trotzdem, denn selten in ihrer Geschichte waren die Festspiele derart ausgelaugt, müde und inspirationslos wie in den letzten Jahren. Doch offensichtlich fehlte dem Kuratorium – und besonders dem unter politischen Druck stehenden Landesvater Wilfried Haslauer – der Mut für einen Neuanfang.
Tatsächlich müssten die Festspiele lieber gestern als morgen grundlegend umgekrempelt werden: Ihre Leitungsstrukturen sind veraltet, zwischen Präsidentin und Intendant knatscht es, und es gibt kaum noch Korrektive für willkürliche Macht-Entscheidungen. Wer Salzburg-Intendant ist, ist »König von Salzburg«, wie es ein österreichischer Boulevard Journalist (und Hofschranze des Königs) einst formulierte.
Aber Königreiche sind eben nicht mehr zeitgemäß. Zumal, wenn der König fragwürdige Macht-Allianzen schmiedet, nicht einmal davor zurückschreckt, mit Rechtsnationalisten zu flirten, keine Skrupel hat, Künstler einzuladen, die ihr Geld auch in Putins Russland verdienen und überhaupt: eine große Portion Anstand im Umgang mit Künstlerinnen und Künstlern verloren hat.
Und so ist nicht sicher, ob das Königshaus von »Markus zum III.« nicht längst dem Untergang geweiht ist. So richtig scheinen selbst die Träger dem müden Herrscher nicht zu trauen. Hinterhäusers Vertrag wurde bis 2031 verlängert, aber man verständigte sich gleichzeitig auf eine »beiderseitige Auflösungsmöglichkeit« mit 30. September 2029. Plant da etwa jemand seinen eigenen, nahen Abgang mit etwas weniger Gesichtsverlust?
Markus Hinterhäuser hat lange nicht verraten, ob er sich erneut um den Posten beworben hat, gleichzeitig hat er aber fast verzweifelt um seine Verlängerung gebuhlt. Der Sport-Muffel war sich nicht einmal zu schade, neben dem Landeshauptmann beim Skirennen aufzutauchen. Hinterhäuser hat Haslauer umworben, inklusive seiner Rechts-Rechts-Regierung.
Und Haslauer schwor treue. Damit schreckte er gute Bewerberinnen und Bewerber ab. Es ist kaum verwunderlich, dass keine ernsthafte Konkurrenz im Bewerberfeld angetreten war: Matthias Naske vom Wiener Konzerthaus, Serge Dorny von der Münchner Oper oder Dominique Meyer von der Mailänder Scala wären keine wirklichen Alternativen zu Hinterhäuser gewesen, sondern ähnliche Führungspersönlichkeiten mit anderen Namen. Da wäre mehr Mut erforderlich: Ein echter künstlerischer Leiter (oder Leiterin) mit Verbindungen in die internationale Kunstwelt – und: auf der Höhe der Zeit.
Nun droht Salzburg weiter lustlos mit dem immergleichen Personal dahin zu mäandern: Daniel Barenboim, Riccardo Muti, Christian Thielemann, Peter Sellars, Robert Carsen, Romeo Castellucci, Christoph Marthaler oder Martin Kusej – und, klar: Teodor Currentzis. Andere Künstlerinnen und Künstler hat Hinterhäuser so schlecht behandelt, dass sie ihm den Rücken gekehrt haben, selbst Franz Welser-Möst (dem Hinterhäuser Publikumserfolge und Sängerinnen-Endteckungen zu verdanken hat) hat der Intendant vergrault.
Und so kann man davon ausgehen, dass andere Festspiele jene in Salzburg in den Schatten stellen werden. Allen voran Aix en Provence. Junge Sängerinnen und Sänger, aber auch zahlungskräftige Klassik-Liebhaberinnen und Liebhaber sind längst nach Frankreich abgewandert. Sie haben keine Lust mehr auf den schlecht gelaunten, nach Old Spice müffelnden, abgetakelten Triangel-Schickimicki, in dem die in Österreich weltbekannte Provinz mit Kritiker-König und zukünftigem Ex-Burgtheater-Chef zeternd und qualmend mit dem Salzburg-Intendanten an irgendwelchen Caféhaustischen sitzen und die böse neue Welt beweinen.
Man nimmt die Vertragsverlängerung Hinterhäusers irgendwie gelangweilt und müde zur Kenntnis und denkt sich: »War ja nicht anders zu erwarten«. Nun muss der lustlose Chef auch noch den anstrengenden Millionen-Umbau stemmen, vor allen Dingen aber die zwischenmenschliche Baustelle mit seiner Präsidentin klären und allerhand zerbrochenes Glas kleben (die Liste der von Hinterhäuser vor den Kopf gestoßenen Künstlerinnen und Künstler ist lang). Und dann muss der verlängerte Intendant auch noch ziemlich viele Opernpremieren planen. Man darf Zweifel anmelden, ob er dazu überhaupt noch Lust und Inspiration hat. Man könnte wetten, dass 2031 kein Ziel ist, das Hinterhäuser durchhalten will oder kann. Um Kunst ging es bei seiner Verlängerung wohl am wenigsten. Salzburgs Politik wollte einfach nur Ruhe im Festspielkarton. So provinziell und klein, so langweilig und berechenbar wie jetzt war Salzburg noch nie. Grund genug für das Publikum, Mal die Lust des Fremdgehens zu genießen.
Hier ein Rückblick auf die letzten Jahre der Salzburger Festspiele unter Markus Hinterhäuser.