Die Inszenierung ist eine Legende – und sie wird immer besser, tiefer – spannender. Dank Tobias Kratzer und Nathalie Stutzmann.
Hier eine Schnell-Kritik mit den wichtigsten Fakten.
Was gab es neues in der Inszenierung?
Die Kult-Inszenierung ist geblieben – inklusive Festspielteich-Party in der Pause. Im Großbild-Movie am Anfang verdrückt der Venus-Clan, bzw. Oskar (Manni Laudenbach) eine Träne und stößt während der Flucht auf ein Bild des verstorbenen Bayreuth-Tenors Stephen Gould an. Er hatte die Rolle als Clown-Tannhäuser einst geprägt. Wahrscheinlich gab es zum ersten Mal Szenenapplaus während einer Bayreuth-Premiere. Bewegend! Und auch auf dem Frau-Holle-Rastplatz lässt sich Tobias Kratzer etwas Neues einfallen: Er plakatiert eine fiktive Ankündigung: »Dr. Claudias Kasperltheater. Hänsel & Gretel«. Das war ganz große Oper! Dieser Tannhäuser ist zeitlos, legendär – und längst Kult. Das Tolle: er wächst immer weiter und bleibt nicht stehen!
Wie war Nathalie Stutzmann?
Dynamisch, mitreißend – immer am Puls der Musik. Das Dirigat der Französin hatte Sog, Plastizität, aber auch großartige Herz-Stillstand-Momente. Stutzmann hat ein Händchen für Tempi, kann sie schleifen lassen und wieder anziehen, große Bögen anlegen und dann wieder kleinteilig in die Seitenstimmen der Partitur abtauchen. Das sind die schönsten musikalischen Momente, wenn das Orchester sich in einer Stimme verirrt, sie hervorhebt und ihr folgt. Souverän auch der Chor von Eberhard Friedrich: Man hört ihm die Kürzungen nicht an!
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Wie waren die Stimmen?
Klaus Florian Vogt hatte die Mammut-Rolle am Vorabend bereits in München gesungen – und ein Tannhäuser geht nicht spurlos an einem vorbei. Trotzdem: das lyrische Timbre passt zu diesem melancholischen Sänger, dem traurigen Clown. Vogt ist ein Highlight am Hügel. Elisabeth Teige sing eine zurückhaltende, eher klein geführte, aber lyrisch phrasierende Elisabeth – ein echter Engel. Dagegen ist die Venus von Irene Roberts tatsächlich auch rauher angelegt, derber, zuweilen etwas unfokussierter – was aber ebenfalls zur Rolle passt. Sie besticht auch durch ihre enorme Spielfreude. Wenn Schönheit Liebe brächte, hätte sich Elisabeth auch für den Wolfram von Markus Eiche entscheiden können – ein so wunderschöner »Abendstern«, der in jeder Phrase ausgeleuchtet scheint: samt und strömend.
Also zusammengefasst:
Ein Abend, der viel zu schnell zu Ende ist!
★★★★★
Transparenzhinweis: Axel Brüggemann moderiert das Open Air bei den Bayreuther Festspielen.
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