Die Thüringer Kulturpolitik reagiert auf Vorwürfe gegen Intendant Neundorff von Enzberg und will eine Zielvereinbarung entwickeln. Ob das reicht?
Dem Thüringer Doppel-Intendanten Jens Neundorff von Enzberg wurde in einer anonymen Mail aus den Theatern in Eisenach und Meiningen Führungsschwäche vorgeworfen. Nun gab es erste Konsequenzen. Laut Staatskanzlei hat der Stiftungsrat der Kulturstiftung Meiningen/Eisenach beschossen, dass eine »Zielvereinbarung Führungskultur« entwickelt werden soll – mit dabei sind die Kulturstaatssekretärin Tina Beer (Linke) und der Meininger Bürgermeister Fabian Giesder (SPD).
Rund 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landestheaters Eisenach und Unterzeichner eines Briefes aus Meiningen hatten dem Intendanten Mobbing und übergriffiges Verhalten sowie Behinderung in der Arbeit und permanente Arbeitsüberlastung vorgeworfen. An der Sitzung des Stiftungsrates, bei der über mögliche Maßnahmen beraten wurde, nahmen auch je zwei Betriebsräte beider Häuser teil.
Neundorff von Enzberg wurde dazu aufgefordert, gemeinsam mit seinen Führungsteams in Meiningen und Eisenach Fort- und Weiterbildungsangebote wahrzunehmen. Außerdem wurde beschlossen, dass bestehende Maßnahmen zum Schutze der Mitarbeitenden etabliert oder ausgebaut werden. Außerdem war von Fortbildungen, einem Verhaltenskodex oder Betriebsvereinbarungen die Rede.
Die Ergebnisse der Zielvereinbarung sollen in einer Stiftungsratssitzung im Oktober beschlossen werden. Staatssekretärin Beer hofft derweil, »dass beide Theater in Zukunft wieder mehr als verdient durch ihre exzellente Qualität und außerordentliche Leistungen Schlagzeilen machen.«
Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Die Redaktion von BackstageClassical erreichen weitere Schreiben und Nachrichten, in denen aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Bühnen, aber auch Außenstehende mit dem Theater in Verbindung stehende Menschen, von ihren Erfahrungen berichten. Die Vorwürfe reichen von unzuverlässigen Absprachen über einen übergriffigen Umgangston bis zu Mobbing.
In einem Podcast hat sich »Alles klar, Klassik?« (hier für alle Player) erst kürzlich dem Thema der Alpha-Intendanten gewidmet. Wieso braucht die Kulturpolitik so lange zum Handeln? Wie können Intendantinnen und Intendanten eine fast unangreifbare Machtposition aufbauen? Und was muss passieren, damit das nicht mehr geschieht. Das debattieren wir mit der Linken Landtagsabgeordneten in Thüringen Katja Maurer, dem Journalisten Volker Milch in Wiesbaden und der Kulturpolitikerin der Linken in Berlin, Manuela Schmidt.
Es ist noch nicht lange her, dass ein anderer Intendant in Thüringen auf Grund seiner Führungsschwäche gehen musste. Nachdem anonyme Vorwürfe gegen Erfurts Intendant Guy Montavon laut wurden, hatte eine Untersuchungskommission sie zum Teil bestätigt – Montavon wurde freigestellt und hat seinen Posten inzwischen geräumt.
Von den Theatern in Meiningen und Eisenach heißt es in einer Pressemitteilung, dass man zu den Vorwürfen erst einmal keine weitere Stellung nehme, da die Lage zunächst intern geklärt werden soll und »zunächst offene Gespräche jenseits der Öffentlichkeit« geführt würden, »um uns dann als Team wieder ganz auf die Arbeit konzentrieren zu können – für unser Publikum und für die strukturelle Neuausrichtung des Landestheaters Eisenach.«