Nach der Entlassung des Domkapellmeisters Boris Böhmann formiert sich immer größerer Protest gegen Weihbischof Peter Birkhofer.
Die Situation um die Entlassung des Freiburger Domkapellmeisters Boris Böhmann eskaliert. BackstageClassical haben seit unserer ersten Berichterstattung zahlreiche Anrufe und Briefe erreicht. Die meisten setzen sich für den Verbleib des Domkapellmeisters ein und liefern Hintergrundinformationen über dessen Entlassung. Andere verteidigen Domprobst Weihbischof Peter Birkhofer in seiner Entscheidung, bleiben in ihren Argumenten aber eher nebulös: Man könne nicht über die wahren Gründe reden, heißt es, aber diese seien intern bekannt und würden eine Entlassung durchaus rechtfertigen. Konkrete Fakten liegen nicht vor.
Eine schwierige Situation, denn die Andeutungen von Seiten der Böhmann-Kritiker lassen wilde Spekulationen ins Kraut schießen. Uns schrieb auch der ehemalige Stimmbildner der Domsingschule, Ulrich Rausch. Er erklärte, Domkapellmeister Böhmann habe verschiedene Abmahnungen von Weihbischof Dr. Birkhofer erhalten, die anschließend zurückgenommen werden mussten – unter anderem, auf Grund eines Schutzkonzeptes der Domsingschule, und da er einem Stimmbildungslehrer angeblich erlaubt hätte, weiter in der Domsingschule zu unterrichten, was nachweislich falsch war. Außerdem hätten zwei Geschäftsführerinnen in der Amtszeit von Herrn Birkhofer gekündigt, so dass das Büro der Dommusik monatelang verwaist war.
Kompetenz-Streit mit Kantorin
Offensichtlich handelt es sich in diesem Konflikt um einen Kompetenz-Streit zwischen der Domkantorin Martina van Lengerich, deren Kompetenzen durch eine neuen Geschäftsordnung ohne Mitarbeit und Kenntnis von Herrn Böhmann gestärkt wurden. Zu all dem hat BackstageClassical die Erzdiozöse Freiburg um eine Stellungnahme gebeten, aber keine konkrete Antwort erhalten.

»Der Domfabrikfonds hat die Entscheidung zur Kündigung lange und sorgfältig abgewogen«, heiß es in der Antwort des Pressesprechers Marc Mudrak. »Der Schritt ist bedauerlich, zumal es für die zahlreichen Konflikte in der Domsingschule immer wieder Versuche der Schlichtung gegeben hat. Da diese Versuche scheiterten, war die Kündigung letztlich leider nötig. Aus Gründen des Datenschutzes darf der Dienstgeber öffentlich keine weiteren Angaben zu den Gründen machen.«
Prominenter Protest
Ähnlich antwortete die Erzdiozöse auch den Unterstützerinnen und Unterstützern von Domkapellmeister Böhmann. Zu ihnen zählen prominente Musikerinnen und Musiker wie die Sänger Georg Zeppenfeld, Wolfgang Newerla, Clemens Bieber, Christian Elsner und Hanno Müller-Brachmann.
Auf der Facebook-Seite Pro Boris Böhmann ist auch ein Brief des Weihbischofs zu lesen: »Wir bitten Sie aber auch um ein gewisses Maß an Loyalität gegenüber der Erzdiözese und der Dommusik über Personalfragen hinaus. Herr Erzbischof und die Mitglieder des Metropolitankapitels wünschen sich eine Befriedung der langjährigen Konflikte und einen Neustart unter einer interimistischen Leitung im neuen Jahr.« Eine Antwort, mit der sich die Kritiker des Bischofs nicht zufriedengeben. »Aus diesem Brief spricht die berechtigte Angst der Diozöse, in Zukunft ohne Chöre dazustehen. Viele von uns sind unter diesen Umständen nicht länger bereit, noch weiter aufzutreten«, sagte ein Sänger gegenüber BackstageClassical.
»Dem Domkapitel fehlt offenbar jeder Sinn für Anstand, geschweige denn das Interesse an einem christlichen Miteinander«, sagen die oben genannten Künstlerinnen und Künstler in einer gemeinsamen Stellungnahme, »das Kapitel verspielt gerade den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, den es noch hatte«. In einem Leserbrief in der Badischen Zeitung heißt es weiter: »Wir erleben Herrn Böhmann als integren und kollegialen Menschen, dem die Musik und damit verbunden die Vermittlung der christlichen Botschaft ein großes Anliegen ist.«
Aktion auf dem Münsterplatz
Am Wochenende kam es dann auch zu einer großen Protest-Aktion, die mit dem Gloria auf dem Freiburger Münsterplatz begann: Mehr als 500 Eltern und Jugendliche versammelten sich, um den Verbleib des Domkapellmeisters Boris Böhmann zu fordern. Rund dreißig Chöre beteiligten sich, und die Klänge erfüllten den Platz zwischen Domsingschule und Münster. Die Eltern der Freiburger Domsingknaben machten mit dem Weihnachtslied Engel auf den Feldern singen ihre Unterstützung deutlich, während Jugendliche Plakate mit der Botschaft »Unser Domkapellmeister soll bleiben« hochhielten.
Die Organisatoren kritisierten die fehlende Gesprächsbereitschaft des Erzbistums. »Unsere Bitten wurden ignoriert«, erklärte Elternvertreterin Christine Mertzlufft. Stattdessen habe Erzbischof Stephan Burger zur »Loyalität« aufgerufen – ein Verhalten, das als überholt bezeichnet wurde. Böhmann sei unverzichtbar, vor allem für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Sheila Mesenholl hob hervor: »Die Kinder lieben und verehren ihn.« Die Eltern hoffen, mit ihrem gemeinsamen Gesang Gehör zu finden. Inzwischen wurde auch eine Petition für den Verbleib von Domkapellmeister Böhmann aufgesetzt.