Kultur in Zeiten der Krise: Eine Mischung aus Tradition und Moderne empfiehlt der Geschäftsführer der Stiftung Mozarteum, Rainer Heneis. Auch als Podcast.
English summary: Rainer Heneis, CEO of the Mozarteum Foundation, balances optimism and concern amid economic challenges. Funded mostly privately, the Foundation operates through three pillars: Mozart museums, concerts, and research. Highlights include the iconic Birthplace, blending tradition with modern exhibits, and the annual Mozartwoche festival, offering diverse cultural experiences. Under Rolando Villazón, the festival embraces innovation while honoring classical roots, with global collaborations and youth programs. The Foundation also advances digitization, exemplified by the revised Köchel catalog, making Mozart’s legacy accessible worldwide. By fusing heritage with innovation, the Mozarteum remains a global cultural beacon.
»Wir blicken mit Sorge, aber auch mit Optimismus auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen«, erklärt Rainer Heneis, Geschäftsführer der Stiftung Mozarteum im Gespräch mit BackstageClassical (hier zum Podcast für alle Player). Trotz Rezession und finanzieller Engpässe bleibt er zuversichtlich: »Wir sind als Stiftung überwiegend privat finanziert, nur etwa drei bis vier Prozent unserer Mittel kommen aus öffentlichen Geldern«, sagt Heneis – diese Unabhängigkeit sei sowohl Vor- als auch Nachteil.
Mozart-Museen
Die Stiftung operiert auf drei unterschiedlichen Säulen: den Mozart-Museen, dem Konzertbetrieb und wissenschaftliche Arbeit. »Unsere Museen, vor allem das Geburtshaus in der Getreidegasse, sind Ikonen für Besucher aus aller Welt« sagt der Geschäftsführer. Gerade hier zeige sich ein gelungener Spagat aus Bewahrung und Modernisierung. »Das Geburtshaus ist der mythologische Fixpunkt, während das Wohnhaus durch Sonderausstellungen und moderne Konzepte die Dynamik reinbringt.« Dieser programmatische Wechsel würde auch für eine neue Attraktivität beim heimischen Publikum sorgen.
Heneis hebt im BackstageClassical-Gespräch hervor, dass sich die Stiftung intensiv mit der Digitalisierung und neuen Technologien auseinandersetze, um den Museumsbetrieb zukunftsfähig zu machen. »Wir erzählen Geschichten immer wieder neu, ohne die Authentizität zu verlieren.« Mit Projekten wie der Integration des Zauberflötenhäuschens ins Wohnhaus wird auf der anderen Seite die authentische Aura Mozarts erhalten.
Die Mozartwoche
Ein Highlight des Jahres ist die bevorstehende Mozartwoche, die jährlich um Mozarts Geburtstag am 27. Januar herum stattfindet. 2024 locken rund 50 Veranstaltungen über zehn Tage hinweg Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber nach Salzburg. Neben klassischen Konzerten der Wiener Philharmoniker und renommierter Solisten umfasst das Programm Marionettentheater, Bachkantaten, Lesungen und szenische Opernproduktionen wie Monteverdis Oper L’Orfeo, die erstmals seit fünf Jahren wieder szenisch in Salzburg aufgeführt wird.
»Die Mozartwoche bietet ein einzigartiges Festival-Feeling«, so Heneis. »Die Gäste erleben hier Konzerte und Kultur in allen Facetten – von intimen Darbietungen in Museen bis zu großen Aufführungen in Konzert- und Schauspielhäusern.« Mit etwa 28.000 Besucherinnen und Besuchern aus über 55 Nationen und einer winterlichen Kulisse Salzburgs sei die Woche ein unvergleichliches Erlebnis.
Unter der künstlerischen Leitung von Rolando Villazón habe sich das Festival auch inhaltlich weiterentwickelt, sagt Heneis. »Rolando bringt eine Frische und Offenheit, die neue Zielgruppen anspricht, ohne den Kern der Klassik zu verraten.« Mit innovativen Programmen, internationalen Kooperationen und einem Fokus auf Nachwuchsarbeit setze die Mozartwoche Maßstäbe. »Ob Kinderkonzerte, Projekte in Kuba oder Kooperationen mit der Iberacademy – wir verbinden Tradition mit einem globalen Anspruch.«
Das Archiv
Heneis betont im BackstageClassical-Gespräch auch die Rolle der Stiftung als Hüterin des Erbes und als Innovationsmotor zugleich. »Wir verkaufen die Faszination des Originals – sei es ein Konzert auf einem originalen Mozart-Cembalo oder die Aura seiner Geburtsräume. Gleichzeitig müssen wir uns fragen, wie wir diese Geschichten für heutige und zukünftige Generationen erzählen.«
Mit der jüngsten Überarbeitung des Köchelverzeichnisses habe die Stiftung Mozarteum einen musikhistorischen Meilenstein gesetzt: ein umfassendes digitales Archiv, das weltweit zugänglich ist. Das revidierte Köchelverzeichnis, einst ein technisches und schwer zugängliches Nachschlagewerk, wurde zu einem modernen, benutzerfreundlichen System umgestaltet. Es ermöglicht nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern auch Interessierten einen tiefen Einblick in Mozarts Welt – von Briefen über Noten bis zu Originalautographen.
»Es war unser Ziel, die digitalen Schätze, die hier seit 20 Jahren existieren, in ein zugängliches Format zu bringen. Ein einfacher Einstieg und verlässliche, geprüfte Informationen standen dabei im Mittelpunkt«, erklärt Heneis. Ergänzt wird dies durch interaktive Formate wie Adventskalender oder thematische Schwerpunkte, die weltweit Beachtung finden.
Die Balance aus Tradition und Modernisierung, aus lokaler Verwurzelung und globalem Netzwerk, scheint das Erfolgsgeheimnis der Stiftung Mozarteum zu sein. »Unser Ziel bleibt, Mozarts Welt und Werk für alle zugänglich und lebendig zu halten – und das immer wieder neu.«
Mozartwoche 23.Januar bis 2. Februar 2025