Katharina Wagners Vertrag als Intendantin der Bayreuther Festspiele wurde bis 2030 verlängert. Aber um die wichtigen Reformen schleicht man weiter herum. Ein Kommentar.
Theaterdonner ist vor den Bayreuther Festspielen normal, aber dieses Mal hat es besonders laut im Karton von Walhall gerappelt: Da war eine Kulturstaatsministerin, deren politisches Sendungsbewusstsein auch vor den Wagner-Festspielen nicht Halt machte. Bayreuth müsse diverser werden, näher ans Publikum rücken und jünger werden. Hat Claudia Roth Tobias Kratzers Tannhäuser verpasst, die Open-Airs und Kinoübertragungen und die seit Jahren laufenden Kinderopern?
Und Bayerns Kunstminister, Markus Blume, kam auch nicht richtig zu Potte und ließ sich nornenseillang Zeit für seine Entscheidung (nur Serge Dorny lässt er noch länger leiden!). Denn im Ernst: Was wäre denn eine ernsthafte Alternative zur aktuellen Situation gewesen? Wer hätte die Bayreuther Festspiele statt Katharina Wagner leiten sollen? Ein gestandener Manager wie Bernd Loebe? Ein anderes Familienmitglied wie Nike Wagner? Oder ein Künstler wie Jonas Kaufmann? Na eben!
Also: Da war viel heiße Luft und in Wahrheit wenig Spielraum. Nun also wurde Katharina Wagner um fünf Jahre verlängert, wird bis mindestens 2030 den Grünen Hügel leiten. Künstlerisch hat sie zum großen Teil eben auch einen guten Job gemacht: Koskys Meistersinger, Kratzers Tannhäuser, Scheibs Parsifal – ein streitbarer Ring, ein diskussionswürdiger Holländer und mit Oksana Lyniv, Pablo Heras-Casado oder Nathalie Stutzmann auch spannende Dirigentinnen und Dirigenten geholt.
Nun wird Wagner also ein General Manager zur Seite gestellt, der sich um das Geld, die Bücher und alles kümmern soll, was von der Kunst ablenkt. Das ist nur konsequent. Katharina Wagner hat einen autonomes Budget für die Kunst, der Umbau fällt aus ihrer Verantwortung. Bleibt zu hoffen, dass da nicht ein Holger von Berg Nummer zwei kommt. Denn ja: Wie eng die finanziellen Handlungsspielräume von Seiten der Träger inzwischen geworden sind, zeigt, dass die Festspiele bereits schon gezwungen sind, am Chor zu sparen.
Die Entscheidung in Bayreuth war richtig und logisch. Katharina Wagner dürfte die Konzentration auf das Künstlerische freuen. Aber um eine andere wichtige Reform drückt man sich allerdings noch weiter: Die gesamte Struktur der Festspiele aus Freunden, Bund, Stadt und Land müsste neu aufgestellt werden. Das Problem der Festspiele sind nämlich in erster Linie viel zu viele Köche. Diese Transformation wäre ein Schlüssel zur Erneuerung der Festspiele und wird von Katharina Wagner seit langem gefordert. Dass sie verlängert wurde, war ein erster Schritt, nun braucht sie poltische Anpacker, die gemeinsam mit ihr die echten Reformen einleiten. Dafür müssen die Kulturpolitiker aber aufhören, die wichtigen Reformen unter den roten Teppich zu kehren, auf dem sie so gern flanieren.
Transparenz-Hinweis: Der Autor moderiert die Open-Airs der Bayreuther Festspiele