Nach Vorwürfen: Roth in Barcelona aus dem Rennen

Oktober 29, 2024
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François-Xavier Roth (Foto: Gürzenich-Orchester)

Gerüchte, nach denen der designierte Chefdirigent des SWR ans Liceu geht, hat das Opernhaus nun zurückgewiesen. In Deutschland steht er aber schon wieder in den Programmen.

Der britische Musikjournalist Norman Lebrecht hatte auf seiner Seite, Slippedisc, berichtet, dass François-Xavier Roth der einzige ernsthafte Kandidat des Direktors Vincent Garcia de Gomar als Chefdirigent des Gran Teatre de Liceu in Barcelona sei. Lebrechts Seite lebt in erster Linie vom Hörensagen und nicht von tiefer journalistischer Recherche – und dennoch: Ganz abwegig schien die Nachricht nicht zu sein (auch wir haben berichtet). Doch heute Nachmittag gab das Liceu bekannt, Roth sei nicht länger im Gespräch als GMD. Das Orchester habe zwar einst mit ihm geliebäugelt, sich dann aber gegen ihn entschieden, nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, nach denen er Musikerinnen und Musiker unerwünschte Text- und Bildnachrichten geschickt hatte.

Das dürfte den SWR weiter unter Druck setzen, der trotz der Vorwürfe an Roth festhält. Das Orchester des Senders scheint kommende Saison wieder »ganz normal« mit seinem designierten Chefdirigenten zu planen. Während der Kalender auf der Homepage von François-Xavier Roth derzeit (Stand 29.10.) keinen einzigen Termin verzeichnet, taucht er anderenorts schon wieder auf: Im Mai 2025 soll der Dirigent den 100. Geburtstag von Pierre Boulez im Festspielhaus Baden-Baden dirigieren – gemeinsam mit dem SWR. Und auch im Program der Donaueschinger Muisiktage steht Roth bereits jetzt wieder auf dem Programm.

Man darf gespannt sein, wie das Publikum reagieren wird. Als Orchrestertgesamtleiterin Sabrina Haane vor der Sommerpause auf die Bühne trat, um zu erklären, dass man – trotz aller Vorwürfe – an Roth festhalte, wurde sie vom Publikum ausgebuht. 

Der SWR hält weiterhin auch an seiner etwas geschönten Öffentlichkeitsarbeit fest. Gegenüber den Badischen Neuesten Nachrichten erklärte SWR Programmdirektorin Anke Mai, dass es nach der Sommerpause Gespräche mit dem Orchester gegeben habe, die allerdings »lediglich der internen Klärung« gedient hätten. Dass weder eine von ihr anberaumte Telefon-Schalte noch die Orchesterversammlungen Klärung brachten, hatten wir bei Backstageclassical bereits berichtet.

Das Liceu hatte (warum auch immer) zunächst gegen Susanna Mälkki votiert. Man darf gespannt sein, wer das Rennen hier nun macht. 

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