Es leiden zu viele Menschen unter Trump

Februar 20, 2025
1 min read
Der Geiger Christian Tetzlaff (Foto: Bertazzi)

Der Geiger Christian Tetzlaff erklärt die Absage seiner USA-Tournee aus Protest gegen Donald Trump im BackstageClassical Podcast

English summary: Violinist Christian Tetzlaff explains BackstageClassical why he canceled his U.S. tour in protest against Donald Trump. He criticized rising fascist tendencies, political inertia, and the influence of wealthy elites. Concerned about democracy and human rights, he urged Europe to uphold its values. Tetzlaff emphasized the role of artists in taking a stand against injustice..

Der Podcast für alle Player oder bei Apple

Der Geiger Christian Tetzlaff hat seine bevorstehenden Konzerte in den USA abgesagt. Wie er in einem Interview mit der New York Times bekannt gab, ist dieser Schritt ein bewusster Protest gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump. In einem ausführlichen Gespräch im BackstageClassical-Podcast erläuterte Tetzlaff seine Beweggründe und zeigte sich tief besorgt über die aktuelle politische Entwicklung in den Vereinigten Staaten.

Tetzlaff kritisierte besonders, wie viele Menschen unter der Trump-Regierung leiden und zog historische Vergleiche, indem er an die Rolle von Künstlerinnen und Künstlern in Zeiten des Nationalsozialismus erinnerte. Vieles in den USA erinnere ihn derzeit an die Aushebelung demokratischer Gremien und die planmäßige Unterwanderung des demokratischen Staates, wie sie schon die Nationalsozialisten betrieben hätten. Er verwies auf seine Gespräche mit dem Historiker Jeremy Eichler, der die Verstrickung von Künstlern in totalitäre Systeme erforscht hat. Tetzlaff kritisierte insbesondere die »Schockstarre« vieler Amerikaner angesichts der schnellen politischen Veränderungen unter Trump. »Diese Geschwindigkeit ist atemberaubend und macht es nachvollziehbar, dass viele Menschen erstarren – aber genau das ist auch sehr gefährlich.«

Mit Bedauern sprach Tetzlaff über die Konsequenzen seiner Entscheidung. »Es ist schade um die tollen Städte und die wunderbaren Menschen, die ich nun erst einmal vermissen werde«, sagte er. Dennoch sehe er keine kurzfristige Verbesserung der politischen Lage. »Ich bin 58 Jahre alt und kann derzeit nicht erkennen, dass die US-Administration in einigen Jahren abgewählt wird. Die Entscheidung ist sehr bitter und hat mich viele schlaflose Nächte gekostet.«

Tetzlaff betonte, dass er als Künstler eine Verantwortung trage, Verletzungen von Menschenrechten und demokratischen Prinzipien nicht einfach hinzunehmen. Musik und Kultur müssten Werte transportieren und eine gemeinsame gesellschaftliche Basis schaffen. Auch mit Blick auf Europa sieht er besorgniserregende Entwicklungen, bleibt aber vorsichtig optimistisch: »Durch klare politische Kommunikation können wir eine Partei wie die AfD vielleicht auch wieder unter 15 Prozent bringen.«

Er rief dazu auf, schon im Kleinen Haltung zu zeigen, etwa durch bewusste Konsumentscheidungen. »Wir sollten uns überlegen, was wir mit unseren Käufen unterstützen – sei es bei Tesla oder Amazon.« Sein Ziel sei es, andere zu ermutigen, sich für Mitgefühl und ein offenes Miteinander einzusetzen. Auf die Reaktionen zu seinem Interview angesprochen, berichtete Tetzlaff von großer Zustimmung – auch von Menschen mit ukrainischem Hintergrund, die seine Haltung ausdrücklich würdigten.

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann arbeitet als Autor, Regisseur und Moderator. Er war als Kulturredakteur und Textchef bei der Welt am Sonntag tätig und schrieb danach für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Heute veröffentlicht er u.a. im Tagesspiegel, im Freitag, der Jüdischen Allgemeinen oder in der Luzerner Zeitung. Er arbeitet für Radiosender wie den Deutschlandfunk, den WDR oder den HR. Seine Fernsehsendungen und Dokumentationen (für ARD, ZDF, arte oder SKY) wurden für den Grimmepreis nominiert und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Brüggemann schrieb zahlreiche Bücher u.a. für Bärenreiter, Rowohlt, Beltz & Gelberg oder FAZ Buch.

Fördern

Artikel auf BackstageClassical sind kostenlos. Wir freuen uns, wenn Sie unabhängigen Klassik-Journalismus fördern.

Mehr aktuelle Artikel

Nast bleibt bei den Wiener Symphonikern

Nach erfolgreicher Arbeit, der Intendant Jan Nast bleibt fünf weitere Jahre in Wien English summary: Jan Nast’s contract as Artistic Director of the Vienna Symphony has been extended to 2032. Since 2019

Lieber Peter Noever,

man muss einfach auch mal sehen, wenn man ein Spiel verloren hat. Jetzt kommen Sie noch Mal mit dem ollen Currentzis um die Ecke, dem Sie den Orden Ihrer lächerlichen Ösi-Kurie anheften

Klassik zwischen Sparen und Klotzen

Der Newsletter: Heute mit dem Trick, leise zu sparen, Sting an der MET, zwei neuen Opernhäusern und allerhand positiven Nachrichten aus der Welt der Klassik.  

Berlin spart ohne Struktur

In ihren Plänen vermeidet Berlins Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson den großen, strukturellen Wurf. Dabei wäre genau das eine Möglichkeit, um Berlins Kultur langfristig zu sichern.

Wotan ist tot

Der neuseeländische Bassbariton Sir Donald McIntyre ist mit 91 Jahren in München verstorben.

Lieber Sting,

als ich Sie vor 20 Jahren für den Stern besucht habe, erklären Sie mir: »Der Rock liegt im Sterben«. Damals haben Sie den elisabethanischen Minne-Musiker John Dowland entdeckt. Sie waren ausgebrannt und

So soll Hamburgs neue Oper aussehen

Spektakuläre Terrassen an der Elbe: Die Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen hat den internationalen Wettbewerb für den Neubau der Hamburger Oper am Baakenhöft in der HafenCity gewonnen.

Werdet wieder sexy – arm bleibt ihr sowieso

Die deutsche Kulturpolitik steht unter Spardruck, der Mut zu Reformen fehlt. Beim Hauptstadtkulturgespräch des VBKI wurde deutlich: Zukunftsfähig bleibt Kultur nur, wenn sie sich öffnet – für neue Finanzierungswege, neue Zielgruppen und

Verpassen Sie nicht ...