Lisa Batiashvili und Alondra de la Parra sind geprägt durch ihre Herkunft: Die eine kämpft mit Musik für Demokratie in Georgien, die andere für Verständigung zwischen Mexico und den USA.
Wie beeinflusst die eigene Herkunft das Musizieren? Die Geigerin Lisa Batiashvili kommt aus Georgien – gerade hat sie hier mit den Berliner Philharmonikern gespielt – die Konzerte wurden zu einer Demonstration für Freiheit und Demokratie. Die Dirigentin Alondra de la Parra stammt aus Mexico. Sie hat ein Orchester zwischen den USA und Mexiko gegründet und schaut mit Sorge auf die Entwicklung in den USA, auf den Wahlkampf mit Donald Trump und die neue Regierung in ihrer Heimat. Hier der Podcast für alle Formate.
Highlights von Lisa Batiashvili
Über die Verantwortung Europas
»Russland ist leider sehr berechenbar. Russland will nicht, dass die kleinen Länder sich in Richtung Europa entwickeln. Und es nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte. Um so wichtiger ist es, dass Europa bewusst einen Punkt setzt. Die kleinen Länder müssen spüren, dass sie mit mehr als Worten unterstützt werden. Und Russland muss spüren, dass es nicht einfach andere Länder angreifen kann. In dieser Umbruchszeit, in der wir leben, wird sich zeigen, ob Europa stark genug ist, um sich hier zu behaupten.«
Über das europäische Selbstbewusstsein
»Europa hat ja oft ein Problem mit seinem Selbstbewusstsein. Aber es ist wichtig, dass wir uns einig sind und einen gemeinsamen Willen zur Freiheit ausstrahlen. Dass uns allen klar ist, warum wir Teil von Europa sein wollen. Es geht um Freiheit. Um jene Freiheit, die wir als Künstlerinnen und Künstler zum Leben brauchen.«
Über die Zukunft Georgiens
»Im Oktober sind Wahlen in Georgien – bis dahin erwarten wir weitere Demonstrationen. Die Frage ist, wie Russland reagieren wird. Wir sind ein kleines Land, aber wir sind bereit für die Freiheit – und wir wollen das auch zeigen. Die Demokratie bei uns ist jung, und sie ist gerade jetzt auch sehr zerbrechlich. Aber wir haben es nach dem Ende der Sowjetunion geschafft, eine Demokratie zu gründen und zu behaupten. Auch, wenn sie noch zart ist, hoffe ich, dass wir auch weiter nach Freiheit schreien.«
Über die Demonstrationen in Georgien
»Viele Georgier wollen Teil der europäischen Familie werden. Gerade junge Leute haben gegen das neue Gesetz demonstriert. Wir sind ein Land, das nach Europa gehört. Unsere Generation hat mit der Sowjetunion nichts mehr zu tun. Die Sowjetunion hat auch bei mir Spuren hinterlassen – allein durch die Biografie meiner Eltern. Es war für sie immer ein Traum, nach Europa zu kommen. Die junge Generation in Georgien, wird nicht mehr verstummen – sie ist sehr freiheitsstrebend.«
Über die Konzerte mit den Berliner Philharmonikern in Georgien
»Es war das erste große Orchester aus dem Westen, das nach Georgien gekommen ist. Vorher war nur das Cleveland-Orchester da – und das war in den 1960er Jahren. Der Klang der Berliner Philharmoniker hat die Menschen verzaubert. Auch, wenn die Situation drumherum angespannt war, wird die Situation der Musik für die Leute, die tagweisen sind, eine ewige Einerinnerung bleiben. Da bin ich sicher.«
Highlights von Alondra de la Parra
Über die Wahlen in den USA
»In Mexiko schauen wir mit Sorge auf die Wahlen in den USA. Die Weltlage ist derzeit schwer zu begreifen. Immerhin: Mexiko hat gerade eine weibliche Präsidentin gewählt. Beide Spitzenkandidatinnen waren Frauen! Das sagt strukturell schon einiges über den Wandel der mexikanischen Mentalität. Das alte Macho-Land befindet sich in Auflösung. Aber wir haben trotzdem noch immer ein geteiltes Land, das hoffentlich vereint wird. Ich hoffe, dass die neue Präsidentin die Opposition mit ins Kabinett holt. Alles was in den USA passiert, beeinflusst uns natürlich auch. Also schauen wir da sehr genau hin.«
Über die Situation an der mexikanischen Grenze
»Mir gefällt das Bild von Kindern, die an der mexikanisch-amerikanischen Grenze auf einer Wippe sitzen – getrennt durch den Zaun. Aber sie spielen gemeinsam. Ihr Drang, Zeit miteinander zu verbringen, ist größer als die Politik. So ist das mit der Musik auch: Sie kann spielerisch Grenzen überwinden. Ich wünsche mir, dass wir diesen Wert der Musik niemals aus dem Auge verlieren.«
Über die Bedeutung der südamerikanischen Musikkultur
»Mein Orchester hat es in den letzten 20 Jahren geschafft, dass sich das mexikanische Repertoire in der US-Kultur verbreitet hat. Wir sehen ja auch den großen Erfolg südamerikanischer Musikerinnen und Musiker: Andres Orozco-Estrada, Rolando Villazon, Sol Gabetta, Gabriela Montero und und und … Heute ist eines der weltweit meistgespielten Stücke der Klassik Arturo Márquez Dánza No.2. Er wird öfter gespielt als der Bolero!«