»Italien ist im kulturellen Verfall«

Dezember 3, 2024
1 min read
Riccardo Muti (Foto: Chicago Symphony Orchestra)

Dirigent Riccardo Muti gegen Cancel Culture und für mehr historisches Bewusstsein.

English summary: Riccardo Muti reflects on music as a universal force, Mozart’s genius, and the cultural decline in Italy. He criticizes woke culture, stresses preserving history, and highlights his career’s global impact.

In einem Interview mit der italienischen Zeitung Corriere della Sera würdigt der Dirigent Riccardo Muti Bach, Verdi und Alessandro Scarlatti, dessen Bedeutung oft vergessen werde. Muti erklärt, Verdi sei eine Stimme des Volkes gewesen, werde aber in Italien kaum mehr gelehrt oder respektiert. Er kritisiert die oberflächliche Wahrnehmung italienischer Musik, die auf Showeffekte wie überzogene Vincerò-Noten reduziert werde. Solche Stereotype trügen dazu bei, dass italienische Kultur international unterschätzt werde.

Muti kritisiert die Änderung rassistischer Textstellen in Opern wie Verdis Il Ballo in maschera, da sie den historischen Kontext entstellten. In Chicago führte er das Werk unverändert auf und erklärte, Verdi sei nicht rassistisch, sondern habe Rassismus angeprangert.

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Als Dirigent legt Muti Wert auf Zurückhaltung und eine tiefere Verbindung zur Musik, wie sie Vorbilder wie Toscanini oder Karajan zeigten. Gestik sollte nie wichtiger sein als der Klang. Er lehnt Cancel Culture in der Kunst entschieden ab und plädiert dafür, historische Fehler als Lernstoff zu nutzen, anstatt sie zu leugnen.

Kultureller Verfall

Muti bedauert den kulturellen Verfall in Italien und kritisiert die mangelnde Wertschätzung für klassische Musik. Mit Besorgnis beobachtet er den Verlust nationaler Identität und eine Ignoranz gegenüber der eigenen künstlerischen Tradition. Dennoch ist er stolz auf seine Arbeit mit jungen Musikern und seine internationale Karriere. Muti glaubt, dass der Mensch aus Energie besteht, die nach dem Tod ins Universum zurückkehrt – eine Vorstellung, die für ihn Trost spendet.

Muti betont die Ehre, das Neujahrskonzert zum siebten Mal zu leiten, und bedauert, dass die RAI es nicht live übertrage. Zudem hob er seine Arbeit mit jungen Musikern hervor, insbesondere beim Cherubini-Jugendorchester, dessen Erfolg ihn mit Stolz erfülle. Im Frühjahr wird er mit den Wiener Philharmonikern Bruckner an der Scala aufführen.

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