Der Intendant der Mailänder Scala, Dominique Meyer, ist Opfer der italienischen Kulturpolitik – nun kritisiert er das Vorgehen der Regierung Meloni.
Dominique Meyer muss die Mailänder Scala im Februar verlassen. In einem Interview mit Gert Korentschnig in der Österreichischen Zeitung Kurier rechnet er nun auch mit Italiens Kulturpolitik ab.
Eigentlich sollte Meyer um fünf weitere Jahre verlängert werden, aber Georgia Melonis damaliger Staatssekretär, Vittorio Sgarbi, wollte den damaligen Chef der RAI, Carlo Fuortes, nach Mailand holen – der war zuvor Opernintendant in Rom. Zuvor hatte Italiens neue Rechts-Regierung ein Gesetz beschlossen, nach dem Ausländer mit 70 Jahren keine italienische Kulturinstitution mehr leiten dürfen. Davon ist nun auch Meyer betroffen. Inzwischen ist klar, dass Fortunato Ortombina nächster Scala-Intendant werden wird.
»Ich habe mich Mailand mehr als jeder italienische Intendant um das ganze italienische Repertoire bemüht«, sagt Meyer, »und das kulturelle Erbe gepflegt. Und dann musst du gehen, weil du fremd bist. Das macht mich sehr traurig.«
Das Absurde ist, dass Sgarbi inzwischen nicht mehr in der Regierung sitzt und Fuortes nicht nach Mailand, sondern nach Neapel geht. Selbst Sgarbis Nachfolger, Gennaro Sangiuliano, ist nicht mehr im Amt – Er musste soeben wegen einer Affäre mit einer Influencerin seinen Hut nehmen. »Der Aufsichtsrat der Scala wollte meinen Vertrag zumindest bis Ende 2026 laufen lassen, auch das hat die Kulturpolitik verhindert. Das stellt das ganze System der Scala in Frage und ist auch sehr gefährlich«, sagt Meyer nun.
Er befürchtet, dass die Politik die bürgerliche Mitsprache am Haus unterwandert: »Der Aufsichtsrat der Scala besteht zu 50 Prozent aus Vertretern von Firmen, die neun Millionen Euro zahlen, um am Tisch zu sitzen. Die werden nun durch das Chaos der Kulturpolitik übergangen.«
Kritik gibt es auch an den Strukturen der italienischen Kulturpolitik: »Aus Angst vor Korruption gibt es in Italien so viele Regeln, die alles nur kompliziert machen«, sagt Meyer. »Dazu kommen die Gewerkschaften, die sind nicht böse, mischen aber überall mit. Wenn zum Beispiel zwei Akte einer Oper zusammen länger als 90 Minuten dauern, muss es dazwischen eine Pause geben, darauf bestehen die Gewerkschaften. Allein dadurch kommen alle 30 Minuten später nach Hause, das macht keinen Sinn und ist nur teuer.«
Von der Scala wird Dominique Meyer nun die Leitung des Chamber Orchestra in Lausanne übernehmen. Die Übergabe an seinen Nachfolger in Mailand läuft bereits: »Ich habe beschlossen, dass die Zusammenarbeit mit Fortunato Ortombina gut ist«, sagt Meyer, »also wird sie gut sein.«