Die Oper Dortmund setzt auf Bürgerbeteiligung und Identität in Konkurrenz zum Konzerthaus – Ein Gespräch mit Intendant Herbert Germeshausen.
English summary: Heribert Germeshausen, director of Oper Dortmund, aims to anchor the opera more deeply in local society while maintaining its national prominence. The program mixes classic works with fresh, accessible productions. Initiatives like the Junge Oper and citizen projects promote participation. The house rejects elitism, embracing a democratic, inclusive approach to opera.
Dortmund (BC) – Heribert Germeshausen, Intendant der Oper Dortmund, verfolgt das ambitionierte Ziel, sein Opernhaus »deutlich breiter und tiefer in der Stadtgesellschaft als bisher zu verankern«, während es gleichzeitig ein »überregionaler Leuchtturm« bleiben soll. Das ist auch deshalb eine große Herausforderung eil es in er Stadt ein»klassisch tragendes Bürgertum kaum gebe« und ein »neues Publikum ohne große Opererfahrung begeistert werden« müsse, sagt Germeshausem im Guten-Morgen-Podcast von BackstageClassical.
Die erste Spielzeit plante Germeshausen als »komplette Umarmungsstrategie«. Das Programm ist seither zweigeteilt: Drei von sieben Neuproduktionen bedienen das »klassische Bildungsbürgertum« und ziehen teils internationales Publikum an, etwa mit dem Wagnerkosmos. Die vier weiteren Produktionen bieten »Mainstream-Repertoire«, das »unverstaubt und frisch inszeniert ist« und ein neues Publikum anziehen soll, darunter Werke wie Zauberflöte, La Traviata und professionelle Musicalproduktionen.
Junge Oper
Ein Kernstück dieser Öffnung sei die Junge Oper mit einem eigenen Ensemble aus theaterpädagogisch geschulten Sängern und einem Hauskomponisten, die mit ihren A-capella-Opern 40 Partnerschulen besucht und »eine sehr große Neugierde und Offenheit« in der Stadt erzeugt hat. Ein wichtiges Standbein ist auch die »Bürger:innenoper«, die es jedem Interessierten erlaubt, »an der Kreation eines Musiktheaterstückes« teilzunehmen – »ohne Vorsingen«.
Das Opernhaus versteht sich als »demokratisches Opernhaus« und verzichtet bewusst auf eine VIP-Lounge oder einen Opernball, da dies »komplett gegen das, was wir hier für ein neues Publikum zu gewinnen« geht, erklärt Germeshausen. Ziel sei es, eine »relevante Minderheit« in der Gesellschaft zu sein und »der Spiegel einer Stadtgesellschaft« zu werden.
Umfeld Konzerthaus
Die Oper Dortmund muss sich zudem in einem Umfeld behaupten, in dem ein Konzerthaus mit »neuem Glanz, moderner Technik und allerhand Weltstars« dem Haus Konkurrenz mache. Das Konzerthaus wurde zu einer Zeit eröffnet, als das Opernhaus »auslastungsmäßig in der Krise war«, und entstand aus bürgerlichem Engagement. Germeshausen berichtet, dass die anfängliche Botschaft lautete: »Das Konzerthaus ist die Nummer eins, und die Oper ist auch ganz nett«.
Die erklärte Absicht des Intendanten war es, diese Wahrnehmung »zu unterlaufen« und die Oper »mindestens auf Augenhöhe« zu positionieren. Das Motto We do Opera unterstreicht, dass das Haus mit Dortmunder Künstlern, die auch Weltstars sind, ein »kulturelles Aushängeschild von Dortmund in die Welt hinaus« ist. Er grenzt sich bewusst von einer »Glamour Welt der Klassik« ab. Mittlerweile habe man einen »sehr guten […] Ausgleich mit dem Konzerthaus gefunden«, da man erkenne, dass »ganz andere Prinzipien« am Werk seien.
Trotz knapper Kassen kann die Oper Dortmund ihr aktuelles Niveau bis 2028 halten, dank höherer Einnahmen und Koproduktionen. Die Oper kämpft aktiv darum, Menschen zu erreichen und zu begeistern, die noch nicht wissen, »was sie verpassen«.
Transparenzhinweis: BackstageClassical wurde von der Oper Dortmund eingeladen