Die Sächsische Zeitung antwortet einer Leserin, warum weniger Kritiken gedruckt werden: Weil sie kaum jemand liest. Ein Trend?
Heute ist in der Sächsischen Zeitung in Dresden ein Leserbrief erschienen: »Als langjährige Leserin vermisse ich in letzter Zeit immer öfter eine Rezension z. B. eines bedeutenden Konzertes wie der Dresdner Philharmonie. Nach welchen Kriterien werden sie veröffentlicht?««, fragte Ingeborg Richter.
Und die Zeitung antwortete ihr: »Sehr geehrte Frau Richter, die Sächsische Zeitung veröffentlicht immer wieder Rezensionen aus allen Musikrichtungen, darunter auch klassischer Konzerte, zum Beispiel der Staatskapelle, der Dresdner Philharmonie und anderer Orchester aus der Region. Allerdings ist Vollständigkeit nicht das Ziel. (…) Wir wissen heute ziemlich viel über die Lesegewohnheiten unserer Nutzer, weil die Sächsische ‚Einschaltquoten’ sowohl einzelner Artikel der Zeitung als auch der digitalen Produkte messen kann. Deshalb ist in der Redaktion bekannt, dass Konzertrezensionen nur einen sehr kleinen Leserkreis erreichen. Vermutlich vor allem jene, die das Konzert selbst erlebt haben.«
Das ist erstaunlich ehrlich von der Zeitung. Und die Sächsische Zeitung ist ja nicht allein. Viele, besonders große regionale Zeitungen, haben ihre Feuilletons (oder Kulturseiten) inzwischen radikal eingespart. Wo früher drei oder vier feste Redakteure saßen, macht heute ein Redakteur die Feuilleton-Seite »noch eben mit«. Ganz zu schweigen von den prekären Honoraren für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Selbst in überregionalen Blättern wird für einen Aufmacher-Text in der Kultur gerade Mal 150 Euro gezahlt.
Immerhin: Die Sächsische Zeitung will seine Kulturberichterstattung nicht radikal streichen. »Deshalb hat die Feuilletonredaktion eine ganze Reihe von Formen entwickelt und öfter veröffentlicht, die diesen Leserkreis besonders interessieren dürften. (…) Dazu gehören große Interviews nicht nur mit Christian Thielemann, sondern auch mit der Intendantin der Philharmonie. Dazu gehören Künstlerporträts, zum Beispiel von Gastdirigenten. Dazu gehört schließlich die Vorstellung interessanter Projekte wie die Jungdirigenten-Förderung, die sich der designierte Chef der Dresdner Philharmonie, Sir Donald Runnicles, vorgenommen hat.«