Bayreuth Baroque geht trotz Protest der Grünen weiter

Dezember 7, 2024
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Eine Aufführung von Bayreuth Baroque (Foto:Bayreuth Baroque)

Nach den Vorwürfen gegen die Arbeitsbedingungen bei BayreuthBaroque, sprach sich ein Grünen-Stadtrat gegen eine weitere Förderung aus. Trotzdem unterstützt die Stadt weiter – das neue Programm wurde vorgestellt.

English summary: The Bayreuth Baroque Opera Festival will return in 2024, featuring Francesco Cavalli’s Pompeo Magno. Despite criticism of workplace conditions and ethical concerns raised by Green Party councilor Stefan Schlags, the city approved €340,000 in funding. Schlags called for better ethical standards and more city-driven cultural initiatives, criticizing the festival’s limited audience reach. Mayor Ebersberger defended the support, citing the festival’s artistic quality.

Das Bayreuth Baroque Opera Festival findet 2024 zum sechsten Mal im Markgräflichen Opernhaus statt, diesmal mit Francesco Cavallis selten aufgeführter Oper Pompeo Magno (1666). Der künstlerische Leiter Max Emanuel Cenčić übernimmt die Titelrolle. Neben der Oper gibt es Konzerte, Solo-Abende und ein Gala-Dinner. Eine zweite Oper entfällt wegen Verzögerungen bei der Sanierung des Friedrichsforums.

Die Stadt Bayreuth hat sich erst in dieser Woche im Haupt- und Finanzausschuss für eine weitere finanzielle Unterstützung des Festivals in Höhe von 340.000 Euro entschieden. Die Grünen im Stadtrat kritisieren dieses Engagement nicht erst, seit BackstageClassical über Beschwerden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber dem künstlerischen Leiter Max Emanuel Cenčić  berichtet hatte

Stadtrat Stefan Schlags von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte eine stärkere Berücksichtigung ethischer Standards bei der Vergabe von Kulturfördermitteln. »Wir vergeben das Geld der Bayreuther Bürgerinnen und Bürger. Sie müssen erwarten können, dass wir solche Kriterien berücksichtigen«, so Schlags.

Fertiges Festival ohne Stadtverankerung

Schlags forderte zudem, dass die neue Kulturreferentin Eva Christina Bär in den Dialog mit den Festivalverantwortlichen treten solle. Er kritisiert, dass die Stadtverwaltung sich bislang zu sehr auf den einfachen Weg verlassen habe, bestehende Festivals teuer einzukaufen, anstatt eigene kulturelle Akzente zu setzen. »Der vorherige Kulturreferent ist dieser Versuchung erlegen, massiv unterstützt durch die CSU im Stadtrat«, sagte Schlags. »Der Fall Bayreuth Baroque ist eine typische Situation der Kulturpolitik: für Verantwortliche ist es allemal bequemer, ein fertiges Festival teuer einzukaufen als eigene Akzente zu setzen, die die gesamte Stadtgesellschaft einbeziehen.« 

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Tatsächlich gehörte es auch zu einem der wesentlichen Kritikpunkte der Mitarbeitenden, dass Intendanz, Regie und Künstlerisches Betriebsbüro von den gleichen Menschen organisiert würden und so transparente Beschwerdewege nicht stattfinden. Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger ließ BackstageClassical wissen: »Die Stadt Bayreuth bezuschusst Bayreuth Baroque, weil wir von der künstlerischen Qualität dieses außergewöhnlichen Festivals überzeugt sind. (…) Dass es Kritik einzelner Mitwirkender am Umgangston während der Proben gibt, war der Stadt Bayreuth bislang nicht bekannt. Die Stadt ist Zuschussgeber, nicht Organisator des Festivals. Sollte es zu Unstimmigkeiten oder persönlichem Fehlverhalten im Rahmen der Proben gekommen sein, so wäre dies auf der Ebene der Festivalleitung mit den Betroffenen zu klären.«

Sehr begrenzte Zielgruppe

Schlags betonte indes: »Für eine Stadt unserer Größenordnung ist die Förderung der Richard-Wagner-Festspiele bereits eine enorme Aufgabe. Mittel für ein weiteres Projekt der Hochkultur, das nur eine sehr begrenzte Zielgruppe Zielgruppe bedient, fehlen bei der Förderung von Kulturinitiativen vor Ort, die für uns unverzichtbarer Teil der Stadtgesellschaft und deren demokratischen Zusammenlebens sind.«

Die Hauptverantwortung für das Festival liege beim Freistaat Bayern als Eigentümer des Markgräflichen Opernhauses. »Es ist ein Unding, dass ein großer Teil der Fördermittel dafür verwendet wird, dessen entgangene Besucherentgelte an Aufführungs- und Probentagen zu ersetzen«, sagt der Grünen-Politiker.

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