Jonas Kaufmann überzeugte in Erl als Parsifal, die Regie war zum Teil unfreiwillig komisch, und Asher Fisch dirigierte vor allen Dingen langsam. Eine Presserundschau.
English summary: Jonas Kaufmann impressed as Parsifal in Erl with a strong vocal performance. Critics found Philipp M. Krenn’s staging partly unintentionally comical. Asher Fisch’s conducting was described as overly slow and lacking dynamic tension, though not actually lengthy. Overall, the singers shone, while direction and pacing drew mixed to negative reactions.
Hoch spirituell mit verschiebbaren Bühnenelementen, die an das Festspielhaus in Erl erinnern und allerhand Wasser. So inszenierte Philipp M. Krenn Wagners Parsifal im Festspielhaus Erl. Das ruft bei der Kritik ein gemischtes Echo hervor: Markus Thiel kritisiert im Münchner Merkur, dass die Inszenierung wirke, als ob »nicht übermäßig viel geprobt« wurde. Oft werde »frontal ins Publikum gesungen, während der Text Kommunikation behauptet«. Die Szene der Blumenmädchen mit bunten Staubwedeln im »Malersaal für den Volkshochschul-Kleckskurs« beschreibt er als unfreiwillig komisch, ebenso wie Klingsors Speerwurf. Paul Schäufele befindet in der Süddeutschen Zeitung, dass Regisseur Krenn »interpretative Entscheidungen vermieden hat«. Er sieht es als »Konstruktionsfehler der Regie«, Parsifal auf einem projizierten Video einzuführen, in dem er sich zwischen Festspiel- und Passionsspielhaus verirrt: »Eine merkwürdig private Idee, zumal andere Themen bewusst unterbelichtet bleiben«.
Unfreiwillig komisch
Peter Jungblut bemängelt auf BR-Klassik, dass Regisseur Krenn es mit dem »gravitätischen Zeremoniell rund um den Gral« übertreibt. Auch er findet die Inszenierung »streckenweise unfreiwillig komisch«, insbesondere das »unansehnliche Kneipp-Becken zum Wassertreten«, das als Heilige Quelle dargestellt wird. Auch die bieder umgesetzte Suche nach Erlösung zwischen Parsifal und Kundry sowie die Kulissenteile, die an »überdimensionierte Keltische Harfen« erinnern, kritisiert er als »arg steril und unpoetisch«. Jungblut fasst zusammen, dass »Parsifal als fromme Pool-Party Wagners Werk nicht gerecht werde«. Ähnlich klingt die Überschrift von Manuel Brug in der Welt: »Wenn Parsifal halbnackt auf einem Schwebebalken balanciert.“
Die Leistung der Sänger wird in allen Kritiken überschwänglich gelobt. Paul Schäufele schreibt von einem »Weltklasse-Ensemble«. Besonders Jonas Kaufmann in der Titelrolle wird als »glänzend« beschrieben. Er habe »Rollenerfahrung als Parsifal« und sei »wieder gut bei Stimme«. Markus Thiel sieht in ihm ein »respektables Kaufmann-Paket mit prächtigen Tönen, innigstem Melos, natürlicher Präsenz«. Peter Jungblut findet ihn als Heilsbringer im grauen Hoodie zwar »eine Spur zu cool, routiniert und unbeteiligt, stimmlich wie schauspielerisch«, während Manuel Brug konstatiert, dass ihn der Auftritt von Jonas Kaufmann »überzeugt« habe.
Kathedrale aus Klang
Brindley Sherratt als Gurnemanz besitze »Resonanz, als hätte er eine kleine Kathedrale in der Brust«, heißt es, Thiel lobt seine »körnige Schönheit und borkige Klangrhetorik«, während Jungblut seine Leistung als »achtbar«, wenn auch »nicht sonderlich anrührend« beschreibt. Michael Nagy als Amfortas wird für seinen »edlen Bariton« und seine »starken darstellerischen Fähigkeiten« gefeiert. Thiel nennt ihn einen »ins Monumentale vergrößerten Wozzeck«, und Jungblut fand ihn als Leidensfigur »von überraschend abgeklärter, ja geradezu eleganter Ausstrahlung«.
Irene Roberts als Kundry wird als »Höllenrose mit sinnlich gerundetem Mezzo« beschrieben, deren Höhe beeindruckende Strahlkraft gewinne, Georg Nigl in seinem Rollendebüt als Klingsor wird für seine »unplakative Drastik« gelobt, dem Balancieren zum Grotesken und Wahnsinnigen.
Das Dirigat von Asher Fisch, dem Chef des Orchesters in Erl, wird zwiespältig aufgenommen. Die Süddeutsche bemerkt, dass Fisch fast alles in dieser Aufführung »gemächlich dirigiert«. Markus Thiel kritisiert, dass Fisch an die Gleichung »Parsifal‚ = Zeitlupe« glaube und sich der erste Akt als »Partiturverbuchung« dahinschleppe. Ihm fehle ein »größeres Sensorium entwickeln für die Atmosphärenwechsel und die Aggregatzustände dieser Musik«. Auch Jungblut merkt an, dass Fisch »etwas schnittiger hätte durch die Partitur schippern können«, aber der Blick auf die Uhr habe gezeigt, dass es gar nicht so langsam gewesen sei, wie es sich angehört habe.