Er ist der deutsche Festspiel-Papst: Nach Schleswig Holstein und Mecklenburg hat Matthias von Hülsen vor 10 Jahren auch ein Jugend-Festival in Polen gegründet. Ein Gespräch über die Bedeutung der Musik im Leben der Menschen.
Matthias von Hülsen ist einer der kreativsten Klassik-Manager: Der Kinderarzt aus Hamburg war an der Gründung des Schleswig-Holstein Musik Festivals beteiligt, er hat das Musikfestival in Mecklenburg-Vorpommern gegründet – und leitet inzwischen das Kammermusikfestival im polnischen Kreisau. Ein Ort, an dem junge Musikerinnen und Musiker zwei Wochen lang intensiv – und bei offenen Türen – an Werken proben können, die ihnen besonders am Herzen liegen. Ein Hauch von Marlborough in Polen.
Im BackstageClassical-Podcast spricht von Hülsen über seinen Weg, über den Wandel der Festivals, über das Gute, das die Musik den Menschen bringt – und besonders über das private Engagement, das Grundlage einer funktionierenden Demokratie sei (Podcast für alle Player oder Spotify unten).
Matthias von Hülsen über die Demokratie
»Wir wissen doch alle, dass Politik nichts anderes ist als die halbwegs gute Verwaltung der allgemeinen Interessen. Mehr ist es doch nicht. Und das Entsetzliche ist, dass unser Gemeinwesen zum großen Teil einfach nur noch verantwortungslos vor sich hindümpelt. Diese Verantwortungslosigkeit schleicht sich wie eine Krankheit ein. Sie muss bekämpft werden. Jeder Einzelne muss dagegen kämpfen. Das ist Demokratie! Unsere Demokratie ist eine Anstrengung, und nur wenn alle Menschen begreifen, dass sie gefordert sind, jeder auf seine Weise, wird sie bewahrt werden. Demokratie ist letztlich nichts anderes als die Gemeinschaft von uns Einzelnen im Wir.«
Matthias von Hülsen über Chancen in Musikkindergärten
»Ich war als Kinderarzt ein großer Hobbyfotograf und hatte eine geheime Vereinbarung mit meinen Patienten: Wenn sie gerade fröhlich waren und lustig, habe ich eine Kamera gezückt und diese Gesichter festgehalten – über Jahre hinweg. Da hatte ich Lebensläufe von Kindern, die wunderbar gefördert wurden – weil sie Fußball spielten oder irgendein anderes tolles Thema hatten. Und von Kindern, die das nicht hatten. Man sah den Gesichtern an, ob das Kind gefördert wurde oder nicht. Ich habe damals einen Vortrag bei Daniel Barenboim gehalten, der hieß Chancenlos. Ich habe den Leuten diese Gegenüberstellung einfach nur gezeigt – und das hat unglaublich eingeschlagen. Es wurde sofort klar: Wenn man etwas nicht mit auf den Weg bekommt, ist das etwas, das diesen kleinen Karrieren immer fehlen wird. Und dann haben auch andere diese Gedanken aufgegriffen und nach Berlin ist auch in Hamburg ein Musikkindergarten entstanden.«
Transparenzhinweis: Axel Brüggemann hat einen Vortrag in Kreisau gehalten, zu dem er eingeladen wurde