Exklusiv bei BackstageClassical: Die Gesellschaft der Freunde spricht von einer rüden Ablehnung der Spende für die Bayreuther Festspiele. Uns liegt der Brief vor: Er ist weder rüde, noch ablehnend.
English summary: The Friends of Bayreuth claim their 1Million donation was rudely rejected, but a letter from festival leaders Jagels and Wagner, obtained by BackstageClassical, contradicts this. The Festspiele cite scheduling conflicts, not artistic interference, as the reason for declining Tannhäuser and Lohengrin. They welcome funds for other events, like children’s programs and open-air concerts.
Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (GdF) haben den Bayreuther Festspielen eine Spende von einer Millionen Euro für die Jubiläumssaison 2026 angeboten – allerdings unter einer Bedingung: Man müsse die Tannhäuser-Inszenierung von Tobias Kratzer und den Lohengrin unter Christian Thielemann wieder in den Spielplan aufnehmen (BackstageClassical hat berichtet und kommentiert).
Daraufhin haben die Festspiele erklärt, dass es aus Termingründen nicht möglich sei, die beiden Aufführungen kurzfristig ins Programm zu nehmen. Die GdF unter Georg Freiherr von Waldenfels zeigte sich in BR Klassik schockiert über die »ziemlich rüde Ablehnung« der Festspiele. »Das war dann doch ein bisschen unerfreulich, weil es auf einmal hieß, wir würden uns in die künstlerische Leitung einmischen«, sagte Waldenfels dem BR, »was gar nicht der Fall war. Wir haben nur gesagt, wir wollen das umsetzen, was Katharina Wagner ursprünglich wollte.“
BackstageClassical liegt der Brief, der an alle Gesellschafter geschickt wurde, exklusiv vor – unterschrieben wurde er von Festspiel-Geschäftsführer Ulrich Jagels und Katharina Wagner. Die Festspiele lehnen die Spende darin nicht ab und beschweren sich auch nicht, wie Weidenfels behauptet, über eine künstlerische Einmischung. Hier der Brief im Wortlaut:
»Sehr geehrter Herr Dr. von Waldenfels,
wir möchten uns nochmals sehr herzlich für das konstruktive Gespräch am letzten Donnerstag in München bedanken. Wir haben uns außerordentlich über das Angebot einer Sonderzuwendung der GdF in Höhe von bis zu 1 Mio. Euro gefreut und haben geprüft, ob wir die von der GdF vorgeschlagenen Werke „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ noch auf den Spielplan 2026 setzten können.
Wie bereits bei unserem Gespräch vermutet, wurden die Anfragen bei den meisten Künstler:innen negativ beschieden, da die international gefragten Sänger:innen bereits anderweitig verpflichtet sind. Es ist bedauerlich, dass wir von diesem Angebot am 03.12.2024, am Tag der Verwaltungsratssitzung, keinen Gebrauch machen konnten. Hier wäre die Planung mit allen Werken noch möglich gewesen, da wir die Künstler:innen (zwar mit großem Aufwand und mit Unmut der Agenturen) bis zu diesem Tag reserviert hatten. Nach der Sitzung und dem einvernehmlichen Ergebnis, nicht alle 11 Werke zu spielen, wurden die diesbezüglichen Optionen aufgehoben, damit den Bayreuther Festspielen keine unnötigen Kosten entstehen. Ebenso wurde eine Pressemitteilung mit den Gesellschaftern abgestimmt und die Öffentlichkeit über die Änderungen der Spielplanung informiert, bevor aus Agenturkreisen möglicherweise Gerüchte entstehen.
Sehr gerne würden wir einen Teil der Mittel für das Zusatzprogramm 2026 ( Festspielhaus für Kinder, Wagnerpfad, Open Air) und die verbleibenden Mittel für die Folgejahre mit einplanen. Nach Gesprächen mit der Stadt Bayreuth und der Regierung von Oberfranken ist das Zusatzprogramm bisher noch nicht ausreichend finanziert. Über eine positive Rückmeldung diesbezüglich würden wir uns sehr freuen!«
Kommentar: Gesellschaft der Feinde
Wer die Gesellschaft der Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr. Was sich anhört wie eine großartige Spende, ist in Wahrheit so vergiftet wie Hagens Freundschaftststrunk. Eine Millionen-Spende zum 150. Jubiläum der Bayreuther Festspiele 2026 sollte es sein. So verkaufte es die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (GdF) gestern jedenfalls der dpa. Eine Millionen Euro für die Festspiele, allerdings zweckgebunden, um die Tannhäuser-Inszenierung von Tobias Kratzer und den Lohengrin unter Christian Thielemann doch wieder ins Jubiläumsprogramm aufzunehmen. Die mussten vorher aus Geldmangel aus dem Programm genommen werden.
Kein Wunder, dass die Bayreuther Festspiele jetzt nicht in endlosen Jubel ausbrechen. Pressesprecher Hubertus Herrmann erklärt, dass eine erneute Umplanung »fernab jeglicher Realisierbarkeit« sei, da viele Künstler bereits anderweitig verpflichtet seien. Zudem habe die Gesellschafterversammlung den reduzierten Spielplan bereits beschlossen.
Anders als Siegfried nach Hagens Freundschaftstrunk erinnern sich die Festspiele sicherlich auch noch genau an die Vergangenheit. 2024 überwies die GdF den Festspielen lediglich 2,4 Millionen Euro – eine Million Euro weniger als sonst. Und vor allen Dingen viel weniger als ihr vertraglicher Gesellschafteranteil in an der Festspiel-GmbH von 29 Prozent es vorsah. Damals mischte sich in die mangelnde Bereitschaft zu zahlen auch noch inhaltliche Kritik an den Festspielen: zu modern, zu innovativ, zu wenig Christian Thielemann! Besonders der GdF-Vorsitzende, Georg Freiherr von Waldenfels, ließ keine Gelegenheit aus, Katharina Wagner zu kritisieren
Damals waren es das Land, die Stadt und der Bund, die Katharina Wagner beisprangen, und es waren die Festspiele selber, die sparen mussten: am Chor, am Orchester, an den Produktionen.
Und nun will sich die Gesellschaft der Freunde plötzlich als Retterin in Szene setzen und ihre Spende an inhaltliche Mitsprache binden? Die gleiche Gesellschaft, die einst ihren Verpflichtungen nicht nachkommen konnte? Das ist schon ein dickes Ding! Der gleiche Verein, der letztes Jahr mit daran beteiligt war, die Festspiele in eine bedrohliche Lage zu bringen, nutzt die finanziellen Engpässe Bayreuths jetzt aus und macht auf dicke Hose? Nein, so sieht kein Freundschaftsdienst aus. Das ist inhaltliche Erpressung.
Klar, dass die Festspielleitung dennoch Interesse an der Spende signalisiert, allerdings für das noch nicht vollständig finanzierte Rahmenprogramm, das auch kostenlose Angebote für die Bayreuther Bevölkerung umfasst. Und das scheint ebenfalls die Linie von Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) zu sein, der vor organisatorischen Herausforderungen warnt und sicher ist: »Es wird ein tolles Jubiläumsprogramm geben.«
Transparenzhinweis: Axel Brüggemann moderiert die Open Airs bei den Bayreuther Festspielen