BackstageClassical im Deutschlandfunk: Über neue Wege der Kulturkritik diskutieren die Kulturpublizisten Johannes Franzen (54books) und Axel Brüggemann (backstageclassical.com) mit Brigitte Baetz von @mediasres.
Die Kulturberichterstattung in Deutschland sieht sich laut Experten starkem Druck ausgesetzt. Kulturschaffende beklagen, sie sei auf den Hund gekommen, werde immer weniger, immer kritikloser, immer substanzloser. Der Germanist Johannes Franzen und der Musikjournalist Axel Brüggemann sehen die Hauptursachen primär in finanziellen Problemen der Medienhäuser. Werbeeinnahmen, einst eine wichtige Stütze, fließen nun zu großen Online-Plattformen, was dazu führe, dass Kultur im Feuilleton als »Luxus gilt« und als Erstes gekürzt wird. Zeitungen träfen hier »unternehmerische Entscheidungen«.
Dies habe weitreichende Folgen: Honorare sänken so stark, dass ein Leben vom Kulturjournalismus kaum noch möglich sei, was eine »Entprofessionalisierung von Kritik« bedeute und talentierte Kräfte aus dem Bereich dränge. Zudem beeinträchtige die Abhängigkeit von Kultureinrichtungen (Werbung, Einladungen) die nötige journalistische Unabhängigkeit. Selbst der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe Schwierigkeiten, seinen Kultur- und Bildungsauftrag zu erfüllen und fusioniere Redaktionen.
Zum Podcast mit BRSO-Chef Nikolaus Pont, der den Niedergang der Rezensionen in der SZ beklagt.
Dabei sei kritische Begleitung unerlässlich, weil es bei Kultur um Werte gehe und jede Form des kulturellen Ausdrucks eine Einladung zur Debatte sei. Diese »Menschheitsdiskussion« verschwinde nicht, sondern »sucht sich nur neue Orte, in denen sie frei ist«. Die Aufgabe sei es, das Publikum zu »Reisen in unbekannte Welten« mitzunehmen, nicht »da abzuholen, wo sie sowieso warten«. Man dürfe Komplexität nicht reduzieren, da das Publikum sie schätze.
Als Reaktion entstünden neue, oft digitale Formate, die wie 54 Books längere Texte böten oder wie Backstage Classical Unabhängigkeit von Werbung und Klickzahlen anstrebten. Sie finanzierten sich über Abos, Spenden oder Werbung, deren Einfluss auf die Redaktion getrennt werde.
Der Wert des Kulturjournalismus verschiebe sich: Weniger als reiner Empfehlungsdienst, mehr als Hilfe, Kultur nach der Rezeption zu verstehen und debattieren zu können. »Relevanz« durch fundierte Inhalte und Glaubwürdigkeit sei das »eigentliche Kapital«.
Trotz der »größten Sorge… um Geld«, sehen die Experten auch Chancen. Es gebe ein Publikum, das qualitätsvolle Berichterstattung wertschätze. Neue Orte und Formate ermöglichten es, »die Größe der Kultur zu bewahren und trotzdem Leute einzuladen«, ohne sie zu »boulevarisieren«. Man müsse »Räume finden« und »ein Risiko eingehen«.
Der Inhalt des Podcasts wurde mit Hilfe von AI zusammengefasst.