In einem Gastbeitrag und einem Podcast berichtet Steven Walter, der Intendant des Beethovenfestes Bonn, über seine Reise in die USA von Donald Trump – und darüber, welche Gedanken wir uns auch in Europa machen sollten.

Steven Walter, Intendant der Beethovenfeste Bonn und deutsch-amerikanischer Doppelstaatsbürger, war im Rahmen des Thomas Mann-Fellowship in den USA. In einem Gastbeitrag für BackstageClassical gibt er Einblicke in die Musikgesellschaft und das politische Klima in Zeiten von Donald Trump. Walter berichtet über ein Land, das von vielen in der Kulturszene als »gehijacked« empfunden wird. In der US-Kultur gebe es eine Mischung aus Schockstarre, Angst und »Soul Searching«. Trotz Fragmentierung der Linken sieht Walter Anzeichen für zunehmenden Protest.
English summary: Steven Walter, director of Beethovenfest Bonn, reports from the US: Traveling to the US today raises serious moral questions, as the country struggles with authoritarian tendencies under Trump. Reflecting on the exile of artists like Thomas Mann, the author explores America’s cultural contradictions: universities under political pressure, the privatized resilience of arts institutions, and vibrant avant-garde scenes like the Big Ears festival. Despite political turmoil, America’s cultural landscape remains deeply alive, offering hope through its enduring spirit of artistic freedom, diversity, and social engagement.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass eine US-Reise einmal eine wirklich ernste moralische Abwägung herausfordert. Als würde man in irgendeinen Schurkenstaat reisen stellt sich inzwischen unweigerlich die Frage: wie verhält man sich zu einem Land, in dem sich der Staat – namentlich der Präsident – wie ein Mafiaboss verhält? Und er just dieses Verhalten angekündigt hat und dafür von einer Mehrheit gewählt wurde. Viele Solist:innen und Dirigenten unserer klassischen Musikszene beantworten diese Frage bereits mit einem Boykott der USA.
Als Pass-Amerikaner mit Familienmitgliedern über das ganze Land verstreut stellt sich mir diese Frage in besonderem Maße. Was bis vor kurzem als abstraktes Dilemma, das zwar kompliziert ist aber jedenfalls andere, beispielsweise russische oder chinesische Kolleg:innen betrifft, diskutiert wurde, wird auf einmal auch dem Amerikaner erstaunlich real. Es lässt sich wohlfeil über alles diskutieren, wenn persönlich wenig auf dem Spiel steht – zivilgesellschaftlicher Mut ist erst dann wertvoll, wenn er nicht umsonst zu haben ist.
Sehnsuchtsort der Freiheit
Ausgerechnet Amerika – so lange ein Sehnsuchtsort der Freiheit und insbesondere kulturell ein unendlicher Möglichkeitsraum. Nicht zufällig sind zahllose deutsche und jüdische Künstler:innen in den 30er Jahren nach Amerika geflüchtet, um der Barbarei von Nazi-Deutschland zu entkommen und in einem freien Land zu leben. Dem »Frontier Spirit« folgend hat es vielen bis an das westlichste Ende, nach Los Angeles verschlagen. Darunter den Literaturnobelpreisträger Thomas Mann, der seine Literatur zwar als »das Deutscheste überhaupt« betrachtete, jedoch mit seinem moralischen Kompass bereits sehr früh bei den Nazis aneckte und schon 1933 fliehen musste. Er wütete mit unwiderstehlicher Klarheit gegen das Regime, die »schäbige Grausamkeit«, »Rachsucht«, ihr unaufhörliches Hassgebrüll«, ihren »minderwertigen Fanatismus«, ihre »armeselige Unnatur«, ja gegen »ihre ganze defekte Menschlichkeit«. Dabei hatte er alles zu verlieren: vor allem seine Heimat und den Bezug zu seinem Sprachraum, dessen großer Repräsentant er eigentlich war.

So ließ sich Thomas Mann wie viele Emigranten (neben ihm Künstler wie Brecht, Adorno, Feuchtwanger, Schönberg, Korngold) in Los Angeles nieder, schrieb dort unter anderem seinen »Doktor Faustus« über die arme, verlorene Seele des deutschen Komponisten Adrian Leverkühn als Parabel für den Teufelspakt einer ganzen Nation – eine unter umgekehrten Vorzeichen erstaunlich aktuelle Erzählung.
Die Bedeutung des transatlantischen Dialoges
2016 kaufte die Bundesrepublik Deutschland das von den Manns in 1939 erbaute Haus in Pacific Palisades um mit einem dort ansässigen Fellowship-Programm einen »Ort des transatlantischen Dialogs« zu schaffen. Ich habe die Ehre, dieses Jahr ein Fellow zu sein und in diesem Sinne einige Monate im Thomas Mann House und auf Reisen in den USA verbringen zu dürfen. Ursprünglich wollte ich – ganz unschuldig – die aus meiner Sicht schon immer sehr faszinierend andersartig subkulturelle Kunstmusik-Szenen erkunden. Die politischen Entwicklungen der letzten Monate fordern natürlich zusätzlich die Frage, wie diese Musikszene, wie wir alle damit umgehen. Und sie stellen meine hoffnungsvolle Intuition in Frage, dass Amerika keineswegs abzuschreiben ist, dass noch immer große zivilgesellschaftliche und kulturelle Kraft, Möglichkeit und Vision von hier ausgehen kann. Dass in vielen Bereichen noch immer auch ästhetische Innovationen von hier hervorgehen. Stimmt das nur dermaleinst oder noch immer?
Diesen Fragen gehe ich in meinem Fellowship nach. Die ersten vier Wochen habe ich hauptsächlich auf Reisen quer durch die Staaten verbracht. Hier – noch ziemlich ungefiltert durch Zeit und Reflektion – einige Eindrücke und Anekdoten:
Universitäten unter Druck
Anders als in Europa spielen die Universitäten und Colleges im Ökosystem der Kunstmusik in den USA eine entscheidende Rolle. Sie sind Knotenpunkte der Szenen, zentrale Produktionsstätten sowie natürlich akademische – anders als oft in Deutschland erfreulich weltzugewandte – Ausbildungsstätten. Pressebekannt sind die aktuellen Angriffe von der Trump-Regierung auf die ihres Erachtens zu »woken« Universitäten. Öffentliche Förderung wird an die Abschaffung unliebsamer Programme, zum Beispiel die Diversitätsförderungen, geknüpft. Die, die es sich leisten können, wehren sich dagegen – so auch die Princeton University, die ich besuche.
Die Bestürzung über die Situation und das eigentlich unvorstellbar übergriffige Vorgehen gegen die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit ist allenthalben sehr groß. Es gehört aber auch zum ganzen Bild dazu, dass in verschiedenen Gesprächen auch eine (Selbst-)Kritik der progressiven Linken zum Ausdruck kommt, ohne Trumps Mittel auch nur ansatzweise heiligen zu wollen. So gab es auch in Princeton Protestcamps und Übergriffe gegen israelisch-jüdische Menschen an der Universität. Es wird die Geschichte erzählt, dass eine israelische-stämmige Geigerin nur aufgrund ihrer Identität von einem Projekt ausgeschlossen wurde, wohl aus Angst vor Protesten. Und nun sieht man sich plötzlich auf der anderen Seite der Matrix, indem man selbst als Amerikaner plötzlich nicht mehr überall so willkommen ist, wie man es gewohnt war. Ganz plötzlich wächst die Empathie mit denen, die vielleicht qua Identität Teil eines unterdrückenden Landes sind, ansonsten aber nichts damit zu tun haben (wollen). Die illiberale Selbstgerechtigkeit, mit der Teile der privilegierten linken Eliten gerade auch in Kulturkreisen ganze Menschengruppen vorverurteilt hat, wird langsam als ein Teil des Problems, das zu Trump und MAGA geführt hat, anerkannt.
Die Übernahme des Kennedy Center
In Washington DC habe ich Gelegenheit, mit (teilweise geschassten) Mitarbeitern des von Trump und seinen Leuten übernommenen Kennedy Center zu sprechen. Dabei war zunächst sehr interessant zu erfahren, dass das Kennedy Center eines der wenigen Kulturhäuser ist, in dem der Staat durch systemrelevante Förderung wirkliche Durchgriffsrechte hat. Daher hat hier Trump, da es ihm möglich war, sofort seine Marionetten installiert. Ansonsten sprechen sie von einem Glück, dass die meiste Kultur in Amerika privat finanziert wird und der Staat entsprechend nur indirekt über das Gemeinnützigkeitsrecht den Institutionen gefährlich werden kann (was auch versucht wird). Man stelle sich nur vor, was gerade los wäre, wenn MAGA in Amerika ähnliche Macht in den Gremien von Kulturinstitutionen hätte wie die öffentliche Hand in Deutschland…
Das ist kein Plädoyer für den Rückzug der öffentlichen Förderung aus der Kultur – die Fördersysteme und gewachsenen Strukturen in Deutschland und den USA sind keineswegs vergleichbar. Es ist aber doch ein Argument für eine gewisse Staatsferne von Kunst, Kultur, Medien und Wissenschaft, und zwar auch dann, wenn die »Richtigen« an der Macht sind. Denn das, was dann sicherlich wohlmeinend an Instrumentalisierung von Kunst stattfindet, schafft willkommene Präzedenzen für das, was passieren kann, wenn reaktionäre oder quasi-faschistische Kräfte an die Macht kommen. And here we are: schon finden im ehrwürdigen Kennedy Center ganz offiziell Trump-Propagandaveranstaltungen statt…
Es ist verblüffend, wie wenig Kultur in Wahlkämpfen eine Rolle spielt (zuletzt ja auch in Deutschland), wie schnell jedoch die Autoritären, wenn sie dann an der Macht sind, die Kultur als allererstes mundtot machen, gleichschalten wollen. Sie unterschätzen offenbar nicht die Kraft und das Gewicht von Kunst und Kultur – sie scheinen geradezu Angst zu haben vor ihrer Freiheit.
Gerade deswegen – weil sie frei ist – braucht Demokratie Kultur und Kultur Demokratie.

Magie in MAGA-Land
Mitten im »bible-belt« der USA und tief in MAGA-Land (man hat hier 70+% Trump gewählt) treffen sich einmal im Jahr über 40.000 Musikverrückte aus dem ganzen Land beim BIG EARS festival, um der amerikanischen Musikavantgarde zu lauschen. Es ist so etwas wie eine amerikanische Cowboy-Version von Donaueschingen – teilweise ebenso sperrig, aber alles viel krasser, bunter, wilder und sinnlicher. Es ist ein anschauliches Beispiel für die Schizophrenie eines Landes, in dem überall alles möglich ist. An den unwahrscheinlichsten Orten kann das Unwahrscheinlichste passieren und jede noch so verschrobene Form von Menschlichkeit findet ihren Platz. Es war nach den vorherigen, etwas beklemmenden Stationen sehr wohltuend, diese Magie – die ich »amerikanisch« nennen würde – zu erleben.
Zunächst haut einen das Line-Up von BIG EARS um: meist 5-7 Konzerte gleichzeitig, die man sich nach Platzverfügbarkeit frei aussuchen kann. Dazu Lounges, Talks, »Surprise concerts«, Jams… Die Wahl auf Knoxville ist natürlich kein Zufall: diese kleine Stadt ist seit hunderten Jahren ein musikalisches Zentrum. Eine der ältesten Philharmonischen Gesellschaften der Staaten ist hier (gegründet von einem aussätzigen Hornisten des Leipziger Gewandhausorchesters, der vor ca 150 Jahren auswanderte), legendäre Songwriter und Folk-Pioniere kamen aus der Region. Americana pur.
Der Vibe ist faszinierend. Man schlendert den ganzen Tag von einer musikalischen Welt zur nächsten und trifft dabei nur freundliche, weltzugewandte, teilweise ekstatische und im positiven Sinne »eigenartige« Menschen. Eine große Musik-Olympiade aller möglichen Nerds.
Wir sprechen in Deutschland immer wieder über »post-Genre« als eine musikalische Realität, die sich allmählich Bahn bricht. Hier ist sie längst selbstverständlich. Ich könnte beim besten deutschen Willen, Schubladen zu finden, nicht sagen, welches Genre hier bedient wird. Prallgefüllte Säle mit der sperrigsten neuen Musik, vielleicht war es auch Free-Jazz, wer weiß? Tanzen zu Avantgarde-Postrock, das aber irgendwie auch Minimal Music war. Spröden Klängen in einer Western-Bar lauschen, Noise in einer Kirche, Folkjazz oder Jazzfolk (ich weiß es nicht) im Theater. Passend zu Big Ears lautet das Motto hier einfach nur: listen. Und noch nie habe ich ein so aufgeschlossenes Programm und Publikum erlebt.
Und all das mitten in immer faschistischer anmutenden Nachrichten aus Washington hinein. Politische Ansagen wider diesem Wahnsinn durchzogen das Festival. Eine Insel der Seeligen…

Musik in der Wüste
Ich verbringe ein Camping-Wochenende im Death Valley, eine der trockensten und heißesten Wüsten der Welt. Inmitten von Mondlandschaften und größter Todes-Kargheit lohnt es sich, über das Lebendige in der Musik nachzudenken. Ein hot take in der Wüste:
Bei der aktuellen GEMA-Debatte in Deutschland über den Wert des Werks versus der bloßen Werknutzung quält mich die Frage, ob es Musik überhaupt gibt, die nicht gehört wird? Und wie soll jemals der intrinsische Wert eines Werks festgehalten werden? Bertolt Brecht soll diesbezüglich treffend gefragt haben: »Es gibt Konzerte. Aber gibt es Musik?«
Der uralte Konflikt – mindestens seit Beethoven – zwischen den »Rockisten«, die den ästhetischen Fortschritt des Werks an sich und die Disruption feiern, und den »Poptimisten«, die den Wert großer Musik in ihrer Fähigkeit sehen, durch ikonischen, archetypischen Ausdruck Massen zu bewegen, drückt sich bei der GEMA Debatte erneut aus.
Mit großem Gewinn las ich – gewissermaßen aus amerikanischer Perspektive – Carl Wilsons wunderbaren Essay »Let’s Talk About Love – A Journey to the End of Taste«. Die Wahrheit ist natürlich, dass eine lebendige Musikszene beides, den Drang zum Publikum und zum disruptiven Werk, braucht. Das große Missverständnis liegt jedoch in der Vorstellung, dass selbst die größten Rockisten (die Regelbrecher, Innovatoren, alle Punks der Musikgeschichte) innerhalb ihrer Nische nicht auch das größtmögliche Publikum für ihre noch so schöpferisch-zerstörerische neue Musik gesucht haben. Beethoven ist ein gutes Beispiel, oder Strawinsky, selbst auch Schönberg (der gar annahm, dass seine atonale Zwölfton-Musik die »deutsche Vorherrschaft in der Musik die nächsten hundert Jahre sichern« würde).
Jede Musik – auch als Kunst – braucht ihr möglichst großes Publikum, wenn das auch nur die Durchdringung einer winzigen Nische ist. Auch wenn sie gegen einen Mainstream angeht benötigt sie existenziell Menschen, die in diesem Dagegensein eine starke Community bilden. Was wie eine Binse klingt ist in manchen Ecken unserer Bubble tatsächlich ein hot take: auf Vedeih und Verderb, ohne Publikum wird’s nicht gehen, jede Musik lebt von ihrer lebendigen Gemeinschaft – denn sonst machen wir Musik für die Wüste.
Meine Gespräche und Besuche in den USA zeigen, dass sie uns in diesem einen Punkt etwas voraushaben: eine unbedingte, völlig außer Frage stehende Anerkennung der Tatsache, dass Musik definitionsgemäß eine sozial-ästhetische Angelegenheit ist. Das Soziale und das Ästhetische machen gemeinsam ihren Reiz und Wert aus.
Love in the Time of Trump

Kalifornien war schon immer ein Sehnsuchtsort nicht nur freiheitsliebender Künstler:innen, sondern auch der Hippies, der Aussätzigen und risikofreudigen Freaks. Hier leben die Nachfahren von Menschen, die nicht nur alles hinter sich gelassen haben, um auf einem fremden Kontinent neu zu starten, sondern dort auf diesem Kontinent auch nicht aufgehört haben, immer weiter gen Westen, durch Wüsten und über Berge zu gehen, um sich schließlich – auf der Suche nach was auch immer und natürlich die indigenen Völker vertreibend – am Pazifik niederzulassen. Dadurch lebt hier ein besonderer Schlag von Suchenden und Freiheitsliebenden. Intensivste Charaktere, die zugleich von Palmen und Pazifiksonne und bisweilen verschiedenen anderen Psychedelika berauscht sind, bevölkern dieses Land und machen es noch immer zu einem faszinierenden Ort für Kunst und Kultur.
Ich treffe Künstler und Menschen, deren Arbeit und Schaffen eigentlich nur hier möglich sind. Eine Transplantation dieser Charaktere nach Bonn oder Leipzig, gar Paris oder Berlin, ist eigentlich nicht denkbar. Es ist offensichtlich schwer zu beschreiben, welcher Reiz, welche Freiheit und Lust in dieser kalifornischen Luft liegt. Es ist ein Teil von Amerika, der bei allen massiven Problemen – die auch hier an jeder Ecke zu sehen sind – eine Magie und Verheißung versprüht. An allen Ecken der Megacity Los Angeles erklingt hochspannende Musik, die zu entdecken Gegenstand der zweiten Hälfte meines Fellowships ist.
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Es bleiben für den Moment zwei zentrale Erkenntnisse:
Die politische Zivilisationskrise – anders kann man es ja kaum mehr nennen – der USA ist vor allem eine kulturelle Krise, die weite Teil des Landes (vor allen zwischen den Küsten) erfasst hat. Kulturelle Zugehörigkeit und Teilhabe sind viel wichtiger als gemeinhin politisch diskutiert.
Die amerikanische Musikszene – wenn man überhaupt von einer Szene und nicht eher von einem undurchdringlichen Geflecht verschiedenster Ästhetiken und Modelle sprechen muss – bietet weiterhin mit das Interessanteste, das mir untergekommen ist. Dieser extrem diverse Melting Pot der Kulturen und Geschmäcker; die strukturelle Kopplung zwischen Musikschaffenden und ihrem Publikum; die vielen verschiedenen künstlerischen Hüte, die man notgedrungen tragen muss und die sich gegenseitig befruchten; der mitunter naiv anmutende Frontier Spirit eines noch immer jungen Landes und die weiten Landschaften und die tiefe Pazifiksonne – all das erzeugt offenbar eine Zukunftsoffenheit und westwärts gerichtete Sehnsucht, die nicht erst seit Thomas Mann und bis heute noch immer alle erdenklichen Künstler:innen inspiriert.
Uns erreichen hartherzige und grausame Nachrichten aus den USA. All das ist wahr. Es gehört zur schwierigen Komplexität unserer Zeit, dass sehr vieles gleichzeitig wahr ist. Es gibt natürlich noch das gute Amerika – und es wird aus diesem Fiebertraum erwachen. Dass gerade das von Thomas Mann von Los Angeles aus verloren geglaubte Deutschland ein Hoffnungsträger der Demokratie wird und die USA ihr Sorgenkind – wer hätte es gedacht und was bedeutet das für uns, für Europa?
Eine Ironie der Geschichte, dass man das, was Thomas Mann während des zweiten Weltkriegs in seinen Radioansprachen aus Los Angeles via BBC an die deutschen Hörer sendete – zum vergebliche Zwecke, Widerstand anzuregen – nun postwendend nach Amerika zurücksenden möchte: »Glaubt mir, die Freiheit ist immer noch, unberührt von allem Geschwätz und allen Launen der Geistesgeschichte, was sie vor zweitausend und etlichen Jahren war: das Licht und die Seele des Abendlandes; und die Liebe«.