Donald Trumps Musikgeschmack erstaunt: Luciano Pavarotti hat einen festen Platz auf seiner Playlist. Und was bedeutet das?
Es ist viel, aber vielleicht noch nicht alles über Donald Trumps merkwürdigen Wahlkampf-Auftritt in Oaks, Pennsylvania, geschrieben worden. Als ein Zuschauer bewusstlos wurde, bat der Präsidentschaftskandidat seine Regie, das Ave Maria einzuspielen. Das geschah auch – allerdings in einer Instrumentalversion. Das schien Trump zu irritieren, denn er hatte eine ganz besondere Version im Sinn, jene von Luciano Pavarotti, die er auf seiner privaten Playlist gespeichert hat. Als die Regie diese Version schließlich einspielte, war Trump offensichtlich begeistert: »Macht es ein bisschen lauter!«, sagte er – und ihm war anzusehen, dass diese Musik den Ex-Präsidenten bewegt.

Er bat die Gruppe um den ohnmächtig gewordenen Mann, aufzustehen: »Das ist für Euren Jungen«, sagte Trump. Und am Ende fragte er das Publikum »ist das nicht wunderschön« und erklärte, dass Pavarotti »der Maestro, der Beste von allen« sei.
Von wegen: »Böse Menschen haben keine Lieder!« Wenn man Donald Trump beobachtet, während Pavarotti singt, steht da plötzlich ein Mensch, den wir so nicht kennen: Trump hört minutenlang zu, scheint die Musik zu genießen, scheint weich zu werden mit ihr. Der gleiche Mensch, der Amerika seit Jahren spaltet, wird plötzlich sanft.
Es wäre unseriös, psychologische Spekulationen anzustellen – darüber, wie Schubert (weiß Trump, dass dieses Ave Maria von Schubert ist?) und Pavarotti das ungeliebte und streng erzogene Kind umarmen. Darüber, warum auch in Hollywood Bösewichter oft klassische Musik hören. Aber eines zeigt sich schon: Der Mann, der so viele Lügen wie kein anderer Präsidentschaftskandidat verbreitet hat, scheint irgendwie wahrhaftig, sobald die Musik erklingt.

Wahrscheinlich ist es auch eine Lüge, wenn Trump immer wieder behauptet, dass er und Pavarotti »sehr gute Freunde« waren. Als Trump 2016 eine Pavarotti-Version von Nessun Dorma benutzte, verlangte die Witwe des Tenors, Nicoletta Mantovani, dass Trump diese Version nicht weiter verwendet. Damals sagte sie, dass Trumps »Werte« unvereinbar mit jenen von Pavarotti seien.
Und wer nun glaubt, dass Klassik-Wissen wenigstens ein Lichtblick bei Trump ist, der wurde noch in der gleichen Veranstaltung in Pennsylvania eines Besseren belehrt. Pavarottis Ave Maria inspirierte den Ex-Präsidenten dazu, einen weiteren Klassik-Titel auflegen zu lassen: Time to say goodbye mit Andrea Boccelli. Das sagt eigentlich alles.