Intendant in Meiningen soll Führung lernen

Juni 20, 2024
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Intendant Neun­dorff von Enz­berg (Foto: Theater Eisenach)

Die Thüringer Kulturpolitik reagiert auf Vorwürfe gegen Intendant Neun­dorff von Enz­berg und will eine Zielvereinbarung entwickeln. Ob das reicht? 

Dem Thü­rin­ger Dop­pel-Inten­danten Jens Neun­dorff von Enz­berg wurde in einer anonymen Mail aus den Theatern in Eisenach und Meiningen Führungsschwäche vorgeworfen. Nun gab es erste Konsequenzen. Laut Staats­kanz­lei hat der Stif­tungs­rat der Kul­tur­stif­tung Mei­nin­gen/­Ei­sen­ach beschossen, dass eine »Ziel­ver­ein­ba­rung Füh­rungs­kul­tur« entwickelt werden soll – mit dabei sind die Kul­tur­staats­se­kre­tä­rin Tina Beer (Linke) und der Mei­nin­ger Bür­ger­mei­ster Fabian Gies­der (SPD).

Rund 10 Mit­ar­bei­terinnen und Mitarbeiter des Lan­des­thea­ters Eisen­ach und Unterzeichner eines Briefes aus Mei­nin­gen hatten dem Intendanten Mob­bing und über­grif­fi­ges Ver­hal­ten sowie Behin­de­rung in der Arbeit und per­ma­nente Arbeits­über­la­stung vorgeworfen. An der Sitzung des Stiftungsrates, bei der über mögliche Maßnahmen beraten wurde, nahmen auch je zwei Betriebs­rä­te bei­der Häu­ser teil. 

Neun­dorff von Enzberg wurde dazu aufgefordert, gemeinsam mit sei­nen Füh­rungs­teams in Mei­nin­gen und Eisen­ach Fort- und Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bote wahrzu­neh­men. Außerdem wurde beschlossen, dass bestehende Maß­nah­men zum Schutze der Mitarbeitenden etabliert oder ausgebaut werden. Außerdem war von Fort­bil­dun­gen, einem Ver­hal­tens­ko­dex oder Betriebs­ver­ein­ba­run­gen die Rede.

Die Ergebnisse der Zielvereinbarung sollen in einer Stif­tungs­rats­sit­zung im Okto­ber beschlos­sen wer­den. Staatssekretärin Beer hofft derweil, »dass beide Thea­ter in Zukunft wie­der mehr als ver­dient durch ihre exzel­lente Qua­li­tät und außer­or­dent­li­che Lei­stun­gen Schlag­zei­len machen.«

Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Die Redaktion von BackstageClassical erreichen weitere Schreiben und Nachrichten, in denen aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Bühnen, aber auch Außenstehende mit dem Theater in Verbindung stehende Menschen, von ihren Erfahrungen berichten. Die Vorwürfe reichen von unzuverlässigen Absprachen über einen übergriffigen Umgangston bis zu Mobbing. 


In einem Podcast hat sich »Alles klar, Klassik?« (hier für alle Player) erst kürzlich dem Thema der Alpha-Intendanten gewidmet. Wieso braucht die Kulturpolitik so lange zum Handeln? Wie können Intendantinnen und Intendanten eine fast unangreifbare Machtposition aufbauen? Und was muss passieren, damit das nicht mehr geschieht. Das debattieren wir mit der Linken Landtagsabgeordneten in Thüringen Katja Maurer, dem Journalisten Volker Milch in Wiesbaden und der Kulturpolitikerin der Linken in Berlin, Manuela Schmidt.


Es ist noch nicht lange her, dass ein anderer Intendant in Thüringen auf Grund seiner Führungsschwäche gehen musste. Nachdem anonyme Vorwürfe gegen Erfurts Intendant Guy Montavon laut wurden, hatte eine Untersuchungskommission sie zum Teil bestätigt – Montavon wurde freigestellt und hat seinen Posten inzwischen geräumt. 

Von den Theatern in Meiningen und Eisenach heißt es in einer Pressemitteilung, dass man zu den Vorwürfen erst einmal keine weitere Stellung nehme, da die Lage zunächst intern geklärt werden soll und »zunächst offene Gespräche jenseits der Öffentlichkeit« geführt würden, »um uns dann als Team wieder ganz auf die Arbeit konzentrieren zu können – für unser Publikum und für die strukturelle Neuausrichtung des Landestheaters Eisenach.«   

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann arbeitet als Autor, Regisseur und Moderator. Er war als Kulturredakteur und Textchef bei der Welt am Sonntag tätig und schrieb danach für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Heute veröffentlicht er u.a. im Tagesspiegel, im Freitag, der Jüdischen Allgemeinen oder in der Luzerner Zeitung. Er arbeitet für Radiosender wie den Deutschlandfunk, den WDR oder den HR. Seine Fernsehsendungen und Dokumentationen (für ARD, ZDF, arte oder SKY) wurden für den Grimmepreis nominiert und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Brüggemann schrieb zahlreiche Bücher u.a. für Bärenreiter, Rowohlt, Beltz & Gelberg oder FAZ Buch.

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