Sie sind sicherlich eine großartige Dirigentin. Ihr Lehrer war Jorma Panula, der finnische Dirigenten-Yoda. Sie haben ein eigenes Orchester gegründet und waren Musikdirektorin in den USA. Warum, zum Teufel, haben Sie zugesagt, den Opus-Klassik zu dirigieren? Und das auch noch so langsam und unscheinbar wie die Bäume in Ihrer Heimat Estland wachsen.
Lag es am Show-Laufsteg, der das Orchester trennte wie der Pirita Ihre Stadt Tallin, oder am Programmablauf, der Langsamkeit auf Langsamkeit folgen ließ? Schon die Show-Eröffnung schleppte sich, als würde gleich das Wort zum Sonntag beginnen. Den stimmgewaltigen Tenor Pene Pati haben Sie mit dem Konzerthausorchester mit der Italianità einer Currywurst Pommes-Schranke begleitet. Selbst den Boléro haben Sie dirigiert, als sei er von Arvo Pärt. Ja, Sie haben es sogar geschafft, dem großen Benjamin Bernheim mit Ihrem Tempo den Atem abzuschnüren wie die Mörderin mit dem Seidenschal.
Kennen Sie eigentlich die Opus-Dirigentinnen-Geschichte? Nachdem Thomas Gottschalk Alondra de la Parra mit breitbeinigen Wortgirlanden als Klassik-Künstlerin vorgestellt hat, die man nich nur hören, sondern auch sehr gut ansehen kann, ging es mit ihrer Karriere steil bergab. Auch die Chefin des Konzerthaus-Orchesters, Joana Mallwitz, hat nach ihrem Auftritt beim ZDF irgendwie ein bisschen Kratzer im Hochglanz-Oberschullehrerinnen-Antlitz hinnehmen müssen.
Liebe Anu Tali, jetzt kennen wir Sie alle. Lassen Sie uns diesen Auftritt aber am besten gleich wieder vergessen.
