Lieber Florian Lutz,

November 27, 2025
1 min read
Der Intendant Florian Lutz (Foto: Theater Halle)

vielleicht erlauben sie mir unter uns zwei Kneipenbrüdern (war schön damals mit Ihnen nach der Carmen), zu versuchen, Ihnen als Außenstehender mal Ihr Haus zu erklären.  

Sie sind Intendant in Kassel. Erfinder der Mega-Maxi-Ultra-»Raumbühne«: Immersives Operntschingderassabum wie auf dem Dauer-Rummel, Videos, verschachtelte Nebenbühnen, postmoderne Fünffachebenen, hinten wird vorne und oben wird unten!

Immer wieder treffe ich Leute, die an Ihrem Haus sind oder waren, und sagen: Nix gegen seine Bühne, aber er ist so – unnahbar. So kompromisslos. So ein … (und dann kommen ganz unterschiedliche Worte von »Besserwisser« und »Ignorant« bis zu solchen, die nicht Mal in einem Brief von Brüggi stehen sollten). Klar, Theater ist Emotion. Aber muss es denn immer die Wut der Mitarbeitenden sein? Müssen Ihre Dramaturgie und Sie denn jedem zeigen, für wie blöde sie die anderen halten?

Neuerdings geht es um flackernde Projektionen! Dem Orchester wird schwindelig, die Gewerkschaft Unisono will protestieren und Sie reagieren (mal wieder) mit einer Endlos-Presseerklärung, zitieren die Arbeitsmedizin, betriebsärztliche Stellungnahmen, haben natürlich selber gar keine Fehler gemacht und machen Hoffnung auf Zusammenarbeit, die aber nach solchen Erklärungen äußerst schwer wird.

Sind die Streitereien in Kassel vielleicht nur toxische Missverständnisse zwischen endlosem Dramaturgenge … ge… geschwätz und der Sehnsucht der Leute auch wahrgenommen zu werden? Lieber Florian Lutz, wagen Sie doch einfach mal mehr Mensch, Mensch!

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann arbeitet als Autor, Regisseur und Moderator. Er war als Kulturredakteur und Textchef bei der Welt am Sonntag tätig und schrieb danach für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Heute veröffentlicht er u.a. im Tagesspiegel, im Freitag, der Jüdischen Allgemeinen oder in der Luzerner Zeitung. Er arbeitet für Radiosender wie den Deutschlandfunk, den WDR oder den HR. Seine Fernsehsendungen und Dokumentationen (für ARD, ZDF, arte oder SKY) wurden für den Grimmepreis nominiert und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Brüggemann schrieb zahlreiche Bücher u.a. für Bärenreiter, Rowohlt, Beltz & Gelberg oder FAZ Buch.

Fördern

Artikel auf BackstageClassical sind kostenlos. Wir freuen uns, wenn Sie unabhängigen Klassik-Journalismus fördern.

Mehr aktuelle Artikel

Liebe Elisabeth Leonskaja,

ich muss noch einmal auf Ihren Auftritt in Moskau zurückkommen. Gerade, weil ich Sie als Künstlerin schätze. Sie haben Anfang des Monats in Russland gespielt, Tickets für Ihr Konzert wurden kostenlos an

Zoff ums Kennedy Center

Ein US-Demokrat wirft den Leiter des Kennedy Center, Richard Grenell, Verfehlungen vor – der weist die Anschuldigungen zurück.

Aber er hat ja gar nichts an! 

Nick Pfefferkorn, Leiter des Verlags Breitkopf & Härtel, hat den Zustand der zeitgenössischen Musik kritisiert. Der folgende Aufschrei zeigt die Fragilität eines Betriebs, der Kritik schnell als Majestätsbeleidigung deutet. Thomas Schmidt-Ott hat

Lieber Thilo Mischke,

gestern Abend habe ich zum Einschlafen den Podcast Hotel Matze mit Ihnen als Gast eingeschaltet. Aber anstatt runter zu kommen, bekam ich Puls. Vergessen wir In 80 Frauen um die Welt und

Plácido Bonnwitschny

Heute mit existenziellen Fragen, ob das Dogma die Kunst tötet, mit Bonner Merkwürdigkeiten und der Frage nach der Legitimation von Radioorchestern.   

Seid verschlungen, Millionen

Kulturbaustellen in Köln und Bonn: Teuer und orientierungslos. Am 16. Dezember soll die Beethovenhalle in Bonn eröffnet werden, dem Theater in Köln drohen die Auswirkungen einer erneuten Haushaltssperre. Ein Situationsbericht von Guido Krawinkel.

Liebe Giorgia Meloni,

zugegeben, ich habe gedacht, dass Italien und Europa in wenigen Monaten untergehen, wenn Sie Ministerpräsidentin werden. Aber Sie betreiben seit Ihrem Amtsantritt eine Charmeoffensive: Lächeln mit Trump, diplomatisches Tanzen auf europäischem Parkett

Verpassen Sie nicht ...