Lieber Peter Kleine,

November 11, 2025
1 min read
Oberbürgermeister Peter Kleine (Foto: Stadtverwaltung Weimar)

Sie sind Oberbürgermeister von Weimar. Mit den Intendanten Ihres Theaters ernennen Sie immer auch die Erben Goethes und Schillers. Sie Wissen, »die Kunst ist eine Tochter der Freiheit«*. Ihre Aufgabe als Politiker ist es, diese Freiheit abzusichern, denn »Freiheit ist nur in dem Reich der Träume wahr, und das Schöne blüht nur im Gesang der Phantasie«*! 

Ihre Intendanten Valentin Schwarz, Dorian Dreher und Timon Jansen verteidigen eine »offene, freiheitlich demokratische Ordnung« und fragen, ob diese Werte auch von der AfD vertreten werden. Dafür stellt die AfD nun die Gelder des Hauses in Frage. Sie stellen Sich in dieser Situation vor Ihr Theater. Und das ist gut so, denn »die laute Stimme ist kein Beweis für Gerechtigkeit«*, und »die Kunst hat ihre eigene Welt, und wer in ihr lebt, darf sich nicht den engen Schranken der Wirklichkeit beugen.«*

Sie haben die Kritik der AfD zurückgewiesen, wollen keine Zensur ausüben und finden: »Zum Glück sind diese Zeiten vorbei!« Und, ja, Menschen wie Sie sorgen dafür, dass diese Zeiten hoffentlich auch nicht wiederkommen!  

Wir leben in einer Gegenwart, in der »die Menschheit dabei ist, ihre Würde zu verlieren. Aber die Kunst kann sie retten und aufbewahren.«* Oder anders gesagt: »Jedes Kunstwerk darf nur sich selbst, das heißt seiner eigenen Schönheitsregel, Rechenschaft geben und ist keiner anderen Forderung unterworfen«*. 

Sie kämpfen für dieses Recht. Für die Freiheit der Kunst. Für die Freiheit des Denkens. Für den Mut der offenen Meinung. Machen Sie weiter so, und sagen Sie es mit Goethes Götz: »Vor Ihro Fraktion der AfD, hab ich, wie immer schuldigen Respect. Er aber, sags ihnen: Sie können mich im Arsche lecken!«

 * Zitate nach Friedrich Schiller 

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann arbeitet als Autor, Regisseur und Moderator. Er war als Kulturredakteur und Textchef bei der Welt am Sonntag tätig und schrieb danach für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Heute veröffentlicht er u.a. im Tagesspiegel, im Freitag, der Jüdischen Allgemeinen oder in der Luzerner Zeitung. Er arbeitet für Radiosender wie den Deutschlandfunk, den WDR oder den HR. Seine Fernsehsendungen und Dokumentationen (für ARD, ZDF, arte oder SKY) wurden für den Grimmepreis nominiert und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Brüggemann schrieb zahlreiche Bücher u.a. für Bärenreiter, Rowohlt, Beltz & Gelberg oder FAZ Buch.

Fördern

Artikel auf BackstageClassical sind kostenlos. Wir freuen uns, wenn Sie unabhängigen Klassik-Journalismus fördern.

Mehr aktuelle Artikel

»Mein Leben für das Recht«

In der Reisende beschreibt Komponist Jan Müller-Wieland das dramatische Schicksal eines Juden in der NS-Zeit. Ulrich Noethen und Birgit Minichmayr tragen in der bewegenden Dresdner Uraufführung auf.

AfD in Weimar attackiert das Theater

Mit fünf Fragen an die Stadtverwaltung stellt die AfD in Weimar die Zuschüsse für das Deutsche Nationaltheater in Frage. Einer der Auslöser ist ein Interview von Valentin Schwarz bei BackstageClassical.  

Lieber Dominique Meyer,

wir haben beide eine »Geschichte« mit Wiens Staatsopern-Intendanten Bogdan Roščić. Meine Kritiken haben ihn zur Weißglut gebracht, und Ihnen hat er Ihren Job weggeschnappt. Zugegeben: eine Demütigung! Als er Sie ersetzte, rutschten

Was der Pop von uns lernen kann

Das neue Video der Sängerin Rosalía zitiert die Klassik – und begeistert das Netz. Aber so innovativ ist es nun auch wieder nicht. Die Geschichte von Pop und Klassik kennt bessere Ergebnisse.

Liebe Mirga Gražinytė-Tyla,

Sie haben Ihren Namen selber erfunden: Tyla – das bedeutet auf Litauisch »Stille«. Ihr Name ist ein Aufschrei gegen den Krach unseres Marktes! Sie machen nicht mehr mit im Sternschnuppen-Business. Dirigentinnen sind begehrt.

Lieber Justus Frantz,

Justus Frantz bekam einen Orden von Vladimir Putin. Axel Brüggemann hat ihm einen Brief geschrieben.

Stürmt die Vereinten Nationen!

Die Regie wollte zu viel und konnte zu wenig, aber musikalisch war Verdis »La Forza del Destino« in Zürich ein Erfolg – auch dank Anna Netrebko.

Verpassen Sie nicht ...