ich war Ihnen einst verfallen. Sie waren mein Messias. Und wegen Ihnen wurde ich Opern-Jünger. Heute blutet das Herz, wie Sie zum Thomas Gottschalk der Klassik werden. Früher haben Sie die Oper auf Links gedreht, heute kreisen Sie wie ein orientierungsloser Opern-Greis nur noch um sich selber.
Sie müssen hart um die Liebe Ihres Über-Vaters Franz gekämpft haben. Aber irgendwann scheint die Liebe bei Ihnen zum Synonym für einen Krieg geworden zu sein. Ein Krieg gegen Ihre eigene Kindheit? Ein Krieg gegen jeden Kitsch in der Oper? Ein Krieg gegen Wagner, Mozart und Verdi? Ein Krieg sogar gegen Ihre eigenen Künstlerinnen und Künstler? Ich höre von Beleidigungen, Ausrastern, Macho-Verhalten!
Früher hätten Sie einem präpotenten Musik-Macker, der Sie heute selber sind, das Fürchten gelehrt. Warum werden Revolutionäre so oft zu selber zu Despoten?
Jetzt werfen Sie in Bonn ausgerechnet noch Richard Strauss und seiner Frau ohne Schatten Frauenfeindlichkeit vor. Lieber Peter Konwitschny: Wenn ein verhaltensauffälliger Regisseur einem verhaltensauffälligen Komponisten die Arien-Beine ausreißt und die Duett-Arme zerstückelt, kann daraus keine Liebesgeschichte mehr werden. Dann schrumpft die Moral zum Massaker, das weniger über Strauss und seine Welt als über Peterchens Reise zum Sehnsuchts-Mond nach Liebe verrät.
Ich habe vor Ihrem Lohengrin im Klassenzimmer gekniet, Ihren Siegfried auf dem Steckenpferd applaudiert. Aber irgendwann hat Ihr Handwerk in die immer gleiche Regie-Kiste gegriffen. Inzwischen schwingen Sie den Konwitschny-Hammer gegen alles und jeden. Das ist nicht provokant, sonder langweilig.
Bitte missverstehen Sie meine Enttäuschung über Ihren Weg nicht als Lob der Provokation. Vielleicht brauchen Sie einfach einmal jemanden, der Sie wieder in den Arm nimmt – damit Sie die Oper wieder lieben können. So wie früher. Ich wünsche es Ihnen.


