ich kannte Sie nicht, und ich werde Sie leider auch nicht mehr kennenlernen. Sie sind am Freitag gestorben – plötzlich und unerwartet. Und alle, wirklich alle, weinen um Sie: Piotr Beczała, Andreas Schager, Lise Davidsen… Alle überirdischen Stimmen auf unserer Welt.
Sie waren Korrepetitorin an der Wiener Staatsoper. Sie waren das Treppengeländer ihrer Töne.
Ein Beruf im Schatten, Arbeit hinter dem Vorhang. Dort, wo der Schweiß fließt und der Applaus unhörbar ist. Sie waren das Gewächshaus der Klänge, lauschten sich das Tempo bei den großen Dirigentinnen und Dirigenten ab. Sie waren das Scharnier zwischen Arbeit und Ruhm. Ihr Probezimmer war der Kreißsaal der Schönheit. In Ihren Fingern lebten Puccini und Mozart, Wagner und Rossini, Berg und Schönberg auf 88 Tasten. Unter ihren Händen entstand der tönende Schein der Welt. Nun ruhen Ihre Finger. Und es ist still.
Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sind der Motor unter der Haube eines Opernhauses. »Klug«, »wissend«, »unaufdringlich« heißt es, seien Sie gewesen, »Musikerin und Mensch«. Ein Anker im luftigen Leben der Bühne.
Nun sind sie tot. Ihr Mann, Ihre Kinder und die ganze Welt der Musik trauern um Sie. Wie wichtig und großartig Sie waren, zeigt, dass auch die Staatsoper in Wien Schwarz trägt. Ich habe Sie nie kennengelernt, aber ich werde Sie in Zukunft hören – in den Stimmen von Piotr Beczała, Andreas Schager oder Lise Davidsen. Dann werden Sie wieder da sein. Auf der Bühne. Im Saal. In der Welt. Als das gewisse Etwas.
